Es wirkt wie ein Puzzle, das sich erst langsam zusammensetzen lässt. Und möglicherweise wird es niemals vollendet. Auch nachdem am K2 die Leichen der drei vermissten Bergsteiger Muhammad Ali Sadpara aus Pakistan, John Snorri Sigurjonsson aus Island und Juan Pablo Mohr aus Chile gefunden wurden, bleiben die entscheidenden Fragen weitgehend offen: Was genau ist ihnen im vergangenen Winter zugestoßen? Und waren sie wirklich am Gipfel, wie es in Medienberichten vor allem in den drei Heimatländern der ums Leben gekommenen Bergsteiger zu lesen war?
Der kanadische Bergsteiger und Filmemacher Elia Saikaly, der zusammen mit Muhammads Sohn Sajid Ali Sadpara und dem Nepalesen Pasang Kaji Sherpa nach den Vermissten gesucht hatte, ist vorsichtig. „Unsere Arbeit geht weiter. Wir ziehen keine voreiligen Schlüsse, da wir weiterhin die Teile zusammensetzen und nach Beweisen für eine erfolgreiche Winterbesteigung suchen“, schrieb Saikaly auf den sozialen Netzwerken.
Beim Abstieg erfroren?
Allem Anschein nach war das Trio auf dem Abstieg, darauf lassen jedenfalls die unterschiedlichen Fundorte der Leichen schließen. Johns Körper lag ein gutes Stück oberhalb des „Flaschenhalses“. Muhammads Leiche wurde etwas tiefer entdeckt, aber ebenfalls immer noch über der Schlüsselstelle der Route auf rund 8300 Metern, Juan Pablos Körper deutlich tiefer, fast schon auf der rund 8000 Meter hohen Schulter.
Der ukrainische Bergführer Valentyn Sypavin war nach eigenen Worten derjenige, der den Körper Mohrs im Schnee entdeckte und freilegte. Später kam er auch an den Leichen der beiden anderen Bergsteiger vorbei, die beide direkt an Fixseilen lagen. Aufgrund ihrer Position und Körperhaltung vermutet Sypavin, dass alle drei Bergsteiger an Erschöpfung starben oder erfroren. „Snorri und Sadpara waren definitiv im Abstieg. Es gab keine Abstürze“, resümiert der Ukrainer auf ExplorersWeb. „Sie starteten zu ihrem Gipfelvorstoß von Lager 3 (7.330 m!) aus. Ich glaube, wenn es in Lager 4 ein Zelt gegeben hätte, dann hätte JP (Juan Pablo) eine Überlebenschance gehabt. JP soll sich schnell auf dem Berg bewegt haben. Wahrscheinlich war er bereits bis unterhalb des Flaschenhalses abgestiegen, wartete dort auf die anderen und erfror.“
Kamen sie vom Gipfel oder drehten sie vorher um? Auf der Go-Pro-Kamera, die Sajid Ali bei John Snorri Sigurjonsson fand und mitnahm, ist nach Saikalys Angaben nur eine beschädigte Datei mit einem Bild zu sehen. Es zeigt einen Bergsteiger in einem gelb-schwarzen Expeditionsanzug, der in ein gelbes Fixseil eingeklinkt ist. Wo und wann genau das Bild entstand, müsse noch geklärt werden, so Elia. Nirmal Purja, der im Januar zu den nepalesischen Wintererstbesteigern des K2 gehört hatte, kommentierte auf Instagram, dass er genau wisse, wo die Stelle sei und dass er Saikaly davon in Kenntnis setzen werde.
Leichen nicht vom Berg gebracht
Die Leichen der drei ums Leben gekommenen Bergsteiger bleiben wohl für immer auf dem K2. Sajid Ali brachte mit Hilfe des Bolivianers Hugo Ayaviri den Körper seines Vaters hinunter bis Lager 4 auf knapp 8000 Metern und begrub ihn dort unter dem Schnee.
Die Körper der anderen beiden Bergsteiger liegen noch dort, wo sie gefunden worden waren. Auch die beiden Bergsteiger, die in diesem Sommer im Karakorum ums Leben kamen, bleiben am Berg. Der Brite Rick Allen, der in einer Lawine am K2 ums Leben gekommen war, wurde in der Nähe des Basislagers bestattet. Die Suche nach Kim Hong-bin, der am benachbarten Broad Peak auf die chinesische Seite abgestürzt war, wurde eingestellt, nachdem die Familie des Südkoreaners darum gebeten hatte. Es bestand keine Chance mehr, Hong-bin noch lebend zu finden.
P.S.: Ihr fragt euch womöglich, warum ich mich erst jetzt wieder gemeldet habe. Die Olympischen Spiele in Tokio haben mich so intensiv beschäftigt, dass ich keine Zeit hatte, mich parallel noch mit dem Blog zu beschäftigen. Jetzt ist es wieder etwas ruhiger …
Eine Antwort auf „Rätsel um tragischen Winter-Gipfelversuch am K2 noch ungelöst“
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