„Es hat nicht sollen sein“, sagt Ralf Dujmovits. Drei Gipfelversuche hat er bei seiner Manaslu-Expedition gemacht, alle drei scheiterten am schlechten Wetter. Zweimal stoppten Neuschneemassen und die damit einhergehende große Lawinengefahr Deutschlands erfolgreichsten Höhenbergsteiger. Einmal war es extrem starker Wind, der seinen Aufstieg ohne Flaschensauerstoff unmöglich machte. Über Lager 4 auf 7400 Metern gelangte der 60-Jährige diesmal nicht hinaus. „Es war ein absolutes Wechselbad der Gefühle“, berichtet mir Ralf aus dem Basislager, bevor er sich auf die Rückreise nach Kathmandu macht.
Dujmovits hatte sich bereits im Frühjahr 2007 auf dem Gipfel des Manaslu gewähnt. Wie sich später herausstellte, hatte er jedoch den „True Summit“ verfehlt. Deshalb war Ralf jetzt noch einmal zum Manaslu zurückgekehrt. „Wenn du als ehrlicher Mensch erkannt hast, dass du einen Fehler gemacht hast, willst du das natürlich in Ordnung bringen“, hatte er mir vor seiner Abreise nach Nepal gesagt. „Es geht mir dabei nur um mich, nicht um eine (Achttausender-Schrumpf-) Liste oder sonst etwas.“
Eigentlich hatte Ralf für einen „Versuch auf den letzten Drücker“, wie er es formuliert hatte, den heutigen Montag als Gipfeltag geplant. Vom Wetter her hätte es sogar gepasst. „Du glaubst es nicht. Heute ist der prächtigste Tag der gesamten Expedition“, sagt Ralf, und ich höre förmlich, wie er den Kopf schüttelt. „Aber wegen des vielen Neuschnees ist es einfach viel zu gefährlich.“
„Ein furchtbarer Tag“
In der Nacht von Samstag auf Sonntag habe es in Lager 2 auf 6400 Metern mindestens einen halben Meter geschneit. „Dort, wo der Wind ihn verblasen hatte, lag der Neuschnee teilweise 70 bis 80 Zentimeter hoch.“ Zu viert – außer ihm ein Sherpa, ein Ecuadorianer und ein Iraner – hätten sie die Spur nach unten getreten, so Dujmovits: „Es war ein achtstündiger Kampf. Im Schlepptau hatten wir rund 100 Leute, die auf Lager 2 und 3 verteilt waren und eigentlich ebenfalls am heutigen Montag auf dem Gipfel hatten stehen wollen. Immer wieder haben wir zwischen Lager 2 und Lager 1 Lawinen ausgelöst.“
Die Situation sei extrem gefährlich gewesen, so der erfahrene deutsche Bergsteiger, der mehr als 50 Expeditionen im Himalaya und Karakorum er- und überlebt hat. „Oberhalb von uns – an einer Stelle, die wir schon passiert hatten – wurde ebenfalls eine Lawine losgetreten. Dabei wurde leider ein Sherpa verschüttet und starb. Es war ein furchtbarer Tag.“
Schlechtes Wetter, viele Unfälle
Es war der dritte Todesfall innerhalb einer Woche am Manaslu. Am Montag vergangener Woche war der nepalesische Bergführer Anup Rai bei einer Lawine unterhalb von Lager 4 ums Leben gekommen. Ralf hatte sich zu dem Zeitpunkt in Lager 3 auf rund 6800 Metern aufgehalten. Am selben Tag war die amerikanische Skibergsteigerin Hilaree Nelson beim Versuch einer Skiabfahrt vom Gipfel in den Tod gestürzt.
„Es war einfach eine schlechte Saison mit extrem viel schlechtem Wetter, es gab viele Unfälle“, sagt ein nachdenklicher Ralf Dujmovits. „Es ist nie Ruhe eingekehrt.“ Auch an diesem Montag seien die Helikopter noch im Dauereinsatz, „teilweise, um Leute per Longline vom Berg zu holen.“
Für ihn persönlich sei die Expedition eine „sehr außergewöhnliche“ gewesen, bilanziert Dujmovits mit Blick auf die Massen an Bergsteigerinnen und Bergsteigern am Manaslu. Er kehre mit gemischten Gefühlen zurück. „Die Expeditionen haben sich weiterentwickelt. Es gibt Schönes dabei. Aber auch vieles, das mich eher nicht anmacht.“
Update 4. Oktober: Inzwischen hat Mingma Sherpa, Chef des nepalesischen Veranstalters Seven Summit Treks, bekanntgegeben, dass es sich bei dem in der Lawine ums Leben gekommenen Nepalesen um Dawa Chhiring Sherpa handelt. Er wurde 32 Jahre alt. R.I.P.
Manaslu Ralf Dujmovits
Keiner lebt ewig – eines jeden Sand rinnt im Stundenglas, bis das letzte Korn fällt.
Nur weniges von Bedeutung bleibt erhalten. Vieles, was einst erstrebenswert schien, verblaßt, verliert seinen Glanz und wird graue Asche im Schutthaufen der Erinnerungen.
Im Wandel ohne Grenzen schwindet die Zeit und verwischt alles.
Hans Killian
Warum soll es ein Fehler sein, den Gipfel nicht ganz erreicht zu haben? Auf meinen 14 Expeditionen in alle Gebirge dieser Erde bin ich einige Male kurz vor dem Gipfel umgekehrt, da eine innere Stimme mit sagte: „Wenn Du nun weitergehst, könnte es Dein Verderben sein.“ Habe ich deshalb einen Fehler begangen?
Warum immer höher, schneller, weiter? Welche Bedeutung haben die angeblichen „Rekorde“ eine Zeit später noch. Ist es nicht bleibend, anstatt einen übertriebenen Egoismus an den Tag zu legen, (Alison Hargreaves) die Familie an die erste Stelle zu setzen dem Nächsten zu helfen, zu vergeben und in seinem kleinen Umfeld, ein gütiger Mensch zu sein?
Es könnte doch sein, das diese Dinge nicht verblassen…….