Ralf Dujvomits am Manaslu: „Nur für mich, nicht für eine Liste“

Ralf Dujmovits
Ralf Dujmovits

Deutschlands erfolgreichster Höhenbergsteiger will es noch einmal wissen. Ralf Dujmovits versucht sich in diesem Herbst erneut am 8163 Meter hohen Manaslu im Westen Nepals. Eigentlich dachte er bereits im Frühjahr 2007, dass er den achthöchsten Berg seiner Achttausender-Liste hinzugefügt hätte.

Doch spätestens vor drei Jahren stellte sich heraus, dass Dujmovits und sechs seiner damaligen Kunden irrtümlich den allerhöchsten Punkt am Ende des Gipfelgrats verfehlt hatten. „Wenn du als ehrlicher Mensch erkannt hast, dass du einen Fehler gemacht hast, willst du das natürlich in Ordnung bringen“, sagte mir der 60-Jährige bereits vor seiner Abreise nach Nepal. „Es geht mir dabei nur um mich, nicht um eine Liste oder sonst etwas. Damit habe ich überhaupt nichts am Hut.“

Schrumpfliste

Blick auf den Manaslu
Gipfel des Manaslu (rechts davon der Pinnacle East)

Damit meinte Ralf die Achttausender-„Schrumpfliste“, die ein Team um den deutschen Chronisten Eberhard Jurgalski Anfang Juli veröffentlicht hatte und die seitdem für hitzige Debatten in der Szene sorgt. Zehn Jahre lang hatten Jurgalski und Co. Gipfelfotos der mehr als 50 Bergsteigerinnen und Bergsteiger überprüft, die für sich beanspruchten, alle 14 Achttausender bestiegen zu haben.

Ihre Recherche ergab, dass bis dato zweifelsfrei nur drei Bergsteiger die allerhöchsten Punkte dieser Berge erreicht hätten: der US-Amerikaner Ed Viesturs (zwischen 1989 und 2005) und der Finne Veikka Gustafsson (zwischen 1993 und 2009), die zudem an allen Achttausendern auf Flaschensauerstoff verzichteten, sowie – meist mit Atemmaske – der Nepalese Nirmal, genannt „Nims“, Purja (zwischen 2016 und 2021).

Mehrfach Irrtum eingeräumt

Ralf Dujmovits on the "wrong" summit of Manaslu
Ralf Dujmovits 2007 am „falschen“ Manaslu-Gipfel

Dujmovits hatte bereits vor drei Jahren öffentlich erklärt, dass er sich 2007 am Manaslu bezüglich des Gipfels geirrt habe. Grundlage waren schon damals die Erkenntnisse von Jurgalskis Chronisten-Gruppe. „Jetzt wissen wir, dass ich nicht auf dem höchsten Punkt stand. Ich kann das problemlos eingestehen“, hatte mir Ralf 2019 gesagt. „An jenem (Gipfel-)Tag wehte ein starker Wind. Ich habe nicht an der vermeintlichen Gipfelwechte vorbei nach hinten sehen können. Der Himmel war voll mit Spindrift. Ich war noch mal drei Meter weiter, habe aber keinen höheren Punkt gesehen.“ Auf seinem Instagram-Account hatte Dujmovits seitdem mehrfach wiederholt, dass er 2007 den „True Summit“ des Manaslu verfehlt habe.

Zusage vor Veröffentlichung der Liste

Ralf oberhalb des Manaslu-Basislagers
Ralf oberhalb des Basislagers

Im Herbst 2021 führte Mingma Gyalje Sherpa, Chef des Expeditionsveranstalters Imagine Nepal, sein kommerzielles Team auf den allerhöchsten Punkt. Der australische Bergsteiger Jackson Groves dokumentierte dies mit eindrucksvollen Drohnenbildern. Diese Bilder hätten ihn inspiriert, zum Manaslu zurückzukehren, sagt Ralf: „Ich habe bereits Ende vergangenen Jahres gegenüber Mingma mein Interesse bekundet, mich im Herbst 2022 seinem Team anzuschließen.“ 

Dujmovits legt besonderen Wert auf die Tatsache, dass er für die Manaslu-Expedition bereits am 8. Juni verbindlich zusagte – exakt einen Monat, bevor Jurgalski auf seiner Website 8000ers.com seine neue Liste der Achttausender-Besteiger erstmals veröffentlichte (am 30. Juli legten Jurgalski und sein Team eine um Zusatzinformationen erweiterte Liste nach).

„Null Stress“

Lager 1 am Manaslu
Lager 1 am Manaslu

„Mit dieser Schrumpfliste kann ich überhaupt nichts anfangen“, sagt mir Ralf per Satellitentelefon aus dem Manaslu-Basislager. Unter anderem werde sie den Pionierleistungen verstorbener legendärer Achttausender-Bergsteiger wie Jercy Kukuczka oder Erhard Loretan nicht gerecht.

Er habe kein Problem mit der alten Liste, sagt Dujmovits: „Ich bin wirklich gerne der 16. in dieser Liste. Und es geht mir absolut nicht darum, jetzt einen anderen Rang zu erreichen.“ Er wolle einfach nur diese letzten Meter auf den höchsten Punkt des Manaslu zurücklegen – für sich persönlich, nicht für Jurgalski oder sonst jemanden, sagt Ralf: „Ich habe null Stress, dass ich da jetzt um jeden Preis hinauf müsste. Wenn es halt nicht sein soll, dann fahre ich ganz entspannt heim.“

Ohne Flaschensauerstoff

Dujmovits hatte bei allen seinen Erfolgen an den Achttausendern – mit Ausnahme des Mount Everest 1992 – auf Flaschensauerstoff verzichtet. Das will er auch jetzt am Manaslu so halten. „Ich gehe auf keinen Fall mit zusätzlichem Sauerstoff auf den Gipfel“, sagt Ralf. „Selbst wenn mir an dem Punkt auf dem Grat, an dem ich schon einmal war, die Luft ausgehen sollte, würde ich nicht zur Flasche greifen. Das macht für mich keinen Sinn – nur um ein paar Meter mehr abreißen zu können.“

Bisher alles nach Plan

Steile Eispassage zwischen Lager 1 und 2 am Manaslu
Steile Eispassage zwischen Lager 1 und 2

Nach kürzlich überstandener Corona-Infektion fühlt sich der 60-Jährige ausreichend fit, um den „True Summit“ des Manaslu zu erreichen: „Konditionell bin ich nicht weit davon entfernt, wo ich mit 40 Jahren stand. Ich habe sehr früh mit Intervall-Läufen angefangen und das Trainingsprogramm langsam gesteigert. Ich habe hart an mir gearbeitet.“

Die Akklimatisierung verläuft bisher nach Plan. Zweimal hat Dujmovits bereits in Lager 1 auf 5800 Metern übernachtet, dazwischen ist er nach Lager 2 auf rund 6400 Metern aufgestiegen. Am heutigen Donnerstag startete er zu seiner nächsten Rotation. Diesmal stieg er direkt nach Lager 2 auf, wo er die Nacht verbringen wird. Nach Möglichkeit will er von dort aus weiter Richtung Lager 3 vordringen.

„True Summit“ als Sahnehäubchen

Mit der Tatsache, dass sich in diesem Herbst mehrere hundert Bergsteigerinnen und Bergsteiger am Manaslu versuchen, hat sich Ralf arrangiert. „Ich habe schon das Trekking zum Manaslu sehr genossen. Und ich bin froh, dass ich hier bin, um eine ganz andere Art von Expedition zu erleben, als ich sie sonst für mich selber hatte“, versichert Dujmovits. Der „True Summit“ wäre natürlich das Sahnehäubchen. „Ich freue mich darauf, jetzt hoffentlich diese letzten Meter zurückzulegen.“

Update 16. September: Nach Angaben des Veranstalters Elite Expeditions erreichte gestern um 20.28 Uhr Ortszeit ein siebenköpfiges Fixseil-Team unter Leitung von Phur Bahadur Gurung den „True Summit“ des Manaslu. Damit sei die Route für diese Herbstsaison eröffnet, hieß es.

Eine Antwort auf „Ralf Dujvomits am Manaslu: „Nur für mich, nicht für eine Liste““

  1. wünsch Ralf, den ich 1996 an der Shisha Pangma getroffen habe, alles Gute für seinen „true summit“

Kommentare sind geschlossen.

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