Wenn ich die Augen schließe und an die Nordwand des Mount Everest vor 20 Jahren zurückdenke, sehe ich das sogenannte Supercouloir vor mir. Wie ein gerader Strich ziehen sich das Japaner-Couloir im unteren Bereich und das Hornbein-Couloir weiter oben durch die Wand. Eine ästhetische Linie, eine selbst für Amateure wie mich fast logisch anmutende Route. Und doch so steil, anspruchsvoll und gefährlich.
Ich war 2005 als Reporter mit Gerlinde Kaltenbrunner, Ralf Dujmovits und Hirotaka Takeuchi unterwegs und bewunderte das Supercouloir wochenlang vom vorgeschobenen Basislager auf dem Zentralen Rongbuk-Gletscher aus. Der Versuch des Trios, über diese Route aufzusteigen, scheiterte damals schon im unteren Wandbereich an den Verhältnissen.
Geschick und Glück
Dass der Skibergsteiger Jim Morrison diese Kombination der beiden Rinnen gestern mit Skiern abgefahren ist und unbeschadet überlebt hat, grenzt für mich fast schon an ein kleines Wunder.
„Als ich endlich den Bergschrund [Spalte zwischen Wandfuß und Gletscher] überquert hatte, weinte ich“, sagte Morrison einem Reporter seines Sponsors National Geographic. „Ich hatte so viel riskiert, aber ich war am Leben.“ Dem 50-Jährigen dürfte klar sein, dass er bei allem skifahrerischen Geschick auch Glück brauchte – und hatte.
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