Könnte Muhammad Hassan heute noch leben? Diese Frage beantwortet der Bericht der Untersuchungskommission nur indirekt: Ja, der Vater von drei kleinen Kindern könnte noch leben, wenn er an jenem 27. Juli gar nicht erst am K2, dem in Pakistan gelegenen, zweithöchsten Berg der Erde, unterwegs gewesen wäre. Denn dort gehörte er schlicht nicht hin.
Es sei Hassans erste Achttausender-Expedition gewesen, heißt es in dem Bericht der fünfköpfigen Kommission, die nach dem Tod des Hochträgers von der Regionalregierung der Provinz Gilgit-Baltistan eingesetzt worden war. Zuvor sei Muhammad nur als „Low Altitude Porter“ am K2 (8611 Meter) und Spantik (7027 Meter) eingesetzt worden, sprich er habe Material zu den Basislagern getragen, aber nicht auf die Berge.
Der Tod des pakistanischen Hochträgers Muhammad Hassan Ende Juli im oberen Bereich des K2 sorgt weltweit für Diskussionen. Vor allem zwei Fragen beschäftigen auch Menschen, die sich eigentlich kaum oder gar nicht für Bergsteigen interessieren. Wie konnten Dutzende Bergsteigerinnen und Bergsteiger am zweithöchsten Berg der Erde einfach über Hassan hinwegsteigen, obwohl er offensichtlich noch lebte? Warum versuchte niemand, ihn von der Unglücksstelle oberhalb des sogenannten „Flaschenhalses“ – einer extrem steilen Passage auf 8200 Metern, direkt unterhalb riesiger überhängender Gletschertürme – hinunterzubringen?
Der Österreicher Wilhelm Steindl hat die Diskussion mit angestoßen. Er gehörte zum Team des Expeditionsveranstalters Furtenbach Adventures, das wegen zu großer Lawinengefahr unterhalb des Flaschenhalses umdrehte. Steindl und der deutsche Kameramann Philip Flämig sichteten später Video-Material, das Flämig mit einer Drohne aufgenommen hatte. Sie sahen darauf, dass Hassan offenkundig auch noch Stunden nach seinem Unfall lebte, während zahlreiche Bergsteigerinnen und Bergsteiger an ihm vorbei gingen oder über ihn stiegen. Steindl und Flämig besuchten nach dem Ende der Expedition Hassans Familie und überbrachten den Hinterbliebenen Geld, das sie gesammelt hatten. Steindl hat inzwischen eine Internet-Spendenaktion (hier klicken) gestartet, um der Familie des verstorbenen Trägers auch in der Zukunft finanziell unter die Arme zu greifen.
In Kirchberg in Tirol führt Steindl ein Hotel. Bis zu seinem 18. Lebensjahr fuhr er Autorennen. „Dann scheiterte meine Rennfahrer-Karriere, weil Sponsoren fehlten“, erzählt mir Willi. Ich habe mit dem österreichischen Bergsteiger, der an diesem Samstag 31 Jahre wird, über den Gipfeltag am K2 gesprochen.
Willi, wie hast du persönlich die Situation im Gipfelbereich des K2 an jenem 27. Juli erlebt?
Der Unaufhaltsame. Denis Urubko stand nach eigenen Angaben heute früh, um 7.30 Uhr Ortszeit in Pakistan, auf dem 8611 Meter hohen Gipfel des K2. Damit machte er sich an seinem 49. Geburtstag das schönste Geschenk selbst. Wie bei all seinen vielen vorherigen Aufstiegen verzichtete Denis auch auf dem zweithöchsten Berg der Erde auf Flaschensauerstoff. „Oberhalb von Lager 4 war ich allein“, ließ Urubko via Facebook wissen.
Innerhalb von zehn Tagen erreichte der im russischen Nordkaukasus geborene Bergsteiger damit drei Achttausender-Gipfel – im Eiltempo über die Normalrouten, ohne Atemmaske, ohne Begleiter. Zunächst bestieg Urubko am 19. Juli den Broad Peak (8051 Meter), dann am 25. Juli den Gasherbrum II (8034 Meter) und jetzt den K2.
Glück gehabt! Verdammt viel Glück! Diesen Eindruck vermittelt ein Video, das Mingma Gyalje Sherpa vom 22. Juli, dem Rekordgipfeltag am K2, in den sozialen Netzwerken veröffentlicht hat (s.u.). Darauf ist eine lange Schlange von Bergsteigerinnen und Bergsteigern am so genannten „Flaschenhals“ zu sehen – über ihnen riesige Eistürme, die jederzeit einstürzen können. Am Freitag vergangener Woche hatten rund 120 Mitglieder kommerzieller Teams (mit Flaschensauerstoff, bis auf einige wenige) den Gipfel des zweithöchsten Bergs der Erde erreicht – so viele wie noch niemals zuvor an einem Tag in der Geschichte des K2.
Eigentlich sollte es selbstverständlich sein. Aber was ist schon selbstverständlich in Zeiten, in denen es am Berg für manche nur noch darum zu gehen scheint, es in die Schlagzeilen zu schaffen? Nicht nur die Wahrheit bleibt dabei gerne auf der Strecke, auch die Empathie. Die Familie des im Winter 2021 am K2 ums Leben gekommenen isländischen Bergsteigers John Snorri Sigurjonsson hat die Gipfelaspiranten in dieser Sommersaison darum gebeten, Pietät zu zeigen und die Leiche Johns weder zu filmen noch zu fotografieren.
Der Körper des Isländers liegt noch im Gipfelbereich, oberhalb des so genannten „Flaschenhalses“, der lawinengefährdeten Schlüsselstelle der Normalroute auf rund 8400 Metern – eingeklinkt ins Fixseil. Dass die Bitte von Sigurjonssons Familie nicht überflüssig ist, belegen die im Internet kursierenden zahllosen Bilder der Leichen von Bergsteigern, die etwa am Mount Everest ums Leben gekommen sind.
Wird der K2 wie der Mount Everest zum Verkaufsschlager? Nein, das muss ich nicht mehr als Frage formulieren. Der 8611 Meter hohe Berg an der Grenze zwischen Pakistan und China ist bereits ein Renner im Angebot der kommerziellen Expeditionsveranstalter. Karrar Haidri, Chef des Alpine Club of Pakistan, sagte der pakistanische Zeitung „The News“, in diesem Sommer würden mehr als 400 Bergsteigerinnen und Bergsteiger versuchen, den zweithöchsten Berg der Erde zu besteigen. Zum Vergleich: Für die zurückliegende Frühjahrssaison am Everest erteilte die Regierung Nepals 325 Besteigungsgenehmigungen, im Rekordjahr 2021 waren es 408.
Sie haben das Handtuch geworfen. Der US-Amerikaner Graham Zimmerman und der Kanadier Ian Welsted brachen ihren Versuch am selten begangenen, anspruchsvollen K2-Westgrat ab und kehrten ins Basislager um. Die beiden waren im Alpinstil unterwegs, also ohne Flaschensauerstoff, ohne feste Hochlager und ohne Hochträger.
„Am Ende wurden wir von den wärmsten Temperaturen gestoppt, die wir jemals in den hohen Bergen erlebt haben“, schreibt Zimmerman auf Instagram. „Auf 7000 Metern konnten wir nicht mehr weitersteigen, da fast ständig Lawinen und Steinschlag auf die Route niedergingen.“
Vom K2 werden die ersten Gipfelerfolge der Sommersaison gemeldet. Unter denen, die heute – mit Flaschensauerstoff – den höchsten Punkt auf 8611 Metern erreichten, war auch der erst 19 Jahre alte pakistanische Bergsteiger Shehroze Kashif. Im vergangenen Mai hatte Kashif auch den Mount Everest bestiegen, 2017 den Broad Peak – seitdem wird er in seiner Heimat „Broad Boy“ gerufen.
Alle, die heute den Gipfel des K2 erreichten, waren auch an den Leichen von Muhammad Ali Sadpara, John Snorri Sigurjonsson und Juan Pablo Mohr vorbeigestiegen. Die Sherpas eines kommerziellen Teams, das die Fixseile verlegte, hatte gestern die Körper der drei Bergsteiger entdeckt, die seit ihrem Winter-Gipfelversuch Anfang Februar vermisst und später für tot erklärt worden waren.
Einer der großen britischen Bergsteiger ist nicht mehr unter uns. Der 68 Jahre alte Schotte Rick Allen starb gestern in einer Lawine am K2. Angeblich wollte Rick gemeinsam mit dem Österreicher Stephan Keck und dem Spanier Jordi Tosas eine neue Route auf den zweithöchsten Berg der Erde eröffnen – im Alpinstil, also ohne Flaschensauerstoff, Hochträger und vorbereitete Hochlager. Wo genau die Route hinaufführen sollte, ist unklar, in einigen Berichten heißt es auf der Südostseite des K2, in anderen ist von der lawinengefährdeten, noch nie durchstiegenen Ostwand die Rede. Keck und Tosas entkamen der Lawine. Der Spanier blieb im Basislager, der Österreicher ließ sich in die Stadt Skardu ausfliegen. Laut Berichten aus Pakistan wurde Allens Leiche nahe dem vorgeschobenen Basislager gefunden.
Samina Baig lebt ihre Träume. Einen weiteren will sich die bekannteste Bergsteigerin Pakistans am K2 erfüllen: Als erste Frau ihres Heimatlandes will sie in diesem Sommer auf dem 8611 Meter hohen Gipfel stehen. Mit ihrem pakistanischen Team traf die 30-Jährige am vergangenen Donnerstag im Basislager zu Füßen des zweithöchsten Bergs der Erde ein. Wieder einmal will Samina eine Lanze für ihre Landsfrauen brechen. „Als Frau ist meine Botschaft an die Menschen, ihre Töchter zu ermutigen und zu unterstützen und sie ihren eigenen Beruf wählen zu lassen“, sagte die Bergsteigerin vor ihrem Aufbruch in den Karakorum. „Lasst sie ihre eigenen Zeichen setzen!“
Pakistan hat einen großen Bergsteiger verloren. Mein Vater und zwei andere Bergsteiger sind nicht mehr unter uns“. Sajid Ali Sadpara sprach heute auf einer Pressekonferenz in Skardu im Norden Pakistans das aus, was eigentlich seit Tagen im Raum stand, doch niemand öffentlich kundtun wollte. Doch so schwer es auch ist, dies einzugestehen – 13 Tage ohne Lebenszeichen und ohne Spur von den drei am K2 vermissten Bergsteigern können nur eines bedeuten: Der Pakistaner Muhammad Ali Sadpara, der Isländer John Snorri Sigurjonsson und der Chilene Juan Pablo Mohr haben ihren Gipfelversuch am zweithöchsten Berg der Erde mit dem Leben bezahlt.
Schlechtes Wetter am K2 verhindert vorerst die weitere Suche nach den drei vermissten Bergsteigern Muhammad Ali Sadpara, John Snorri Sigurjonsson und Juan Pablo Mohr. Die Bergretter hielten sich bereit, teilte das pakistanische Militär mit. Sobald das Wetter es zulasse, werde die Suche fortgesetzt.
Die Flüge mit Rettungshubschraubern waren am Dienstag wegen der widrigen Bedingungen – fehlende Sicht, starker Wind – ausgesetzt worden. Auch Imtiaz Hussein und Akbar Ali, zwei mit Muhammad Ali Sadpara verwandte Bergsteiger, mussten ihren Versuch abbrechen, am Berg nach den Vermissten zu suchen. Die Metereologen erwarten ab Anfang kommender Woche ein Schönwetterfenster, tagelang soll es kaum Wind geben.
Aufgeben ist keine Option – noch nicht. Den dritten Tag in Folge stiegen heute Rettungshubschrauber der pakistanischen Armee am K2 auf, um die Flanken des 8611 Meter hohen Bergs nach den drei seit Freitag vermissten Bergsteigern Muhammad Ali Sadpara aus Pakistan, John Snorri Sigurjonsson aus Island und Juan Pablo Mohr aus Chile abzusuchen. Das Ergebnis wie an den Vortagen: Keine Spur von dem Trio.
Elia Saikaly, der als Fotograf bei Ali Sadparas Expedition mit dabei, berichtete aus dem Basislager, dass zwei pakistanische Bergsteiger – Imtiaz Hussain, ein Cousin Muhammads, und Akbar Ali, ein Neffe des Vermissten – heute aufsteigen wollten, um nach den drei Bergsteigern zu suchen. „Wir werden so hoch steigen, wie wir nur eben können“, wird Imtiaz zitiert. „Es gibt Hoffnung, aber wir sind uns natürlich der Realität des Bergs bewusst, vor allem im Winter.“
Das Bangen um den Isländer John Snorri Sigurjonsson, den Pakistaner Muhammad Ali Sadpara und den Chilenen Juan Pablo Mohr geht weiter. Auch heute stiegen am 8611 Meter hohen K2 im Karakorum wieder zweimal Rettungshubschrauber der pakistanischen Armee auf, um an den Flanken des Bergs nach den vermissten Bergsteigern zu suchen: erneut keine Spur von dem Trio. Zuletzt gesehen hatte sie Muhammads Sohn Sajid Ali Sadpara am Freitagmittag Ortszeit am sogenannten „Flaschenhals“, einer Schlüsselstelle der Route auf rund 8200 Metern. Seitdem fehlt jedes Lebenszeichen von den drei Bergsteigern.
Alex Txikon bringt es auf den Punkt: „Warten auf das Wunder ist das Einzige, was uns bleibt.“ Der spanische Bergsteiger verfolgt im Basislager am Achttausender Manaslu in Nepal die Rettungsaktion am K2 in Pakistan. Seit mehr als einem Tag gibt es am zweithöchsten Berg der Erde weder eine Nachricht noch eine Spur von John Snorri Sigurjonsson aus Island, dem Pakistaner Muhammad Ali Sadpara und dem Chilenen Juan Pablo Mohr.
Die Bergsteiger waren am Freitag von Lager 3 auf 7300 Metern Richtung Gipfel aufgebrochen. Um 10 Uhr pakistanischer Zeit verließ Muhammads Sohn Sajid Ali Sadpara das Trio, weil sein Sauerstoffgerät streikte. Zu diesem Zeitpunkt waren die Bergsteiger am so genannten „Flaschenhals“ auf rund 8200 Metern. Sajid kehrte nach Lager 3 zurück, wo er bis Samstagvormittag auf die drei anderen wartete. Doch sie kamen nicht. Chhang Dawa Sherpa, Expeditionsleiter von Seven Summit Treks, überredete nach eigenen Angaben Sajid schließlich abzusteigen, weil er sich schon zu lange in großer Höhe aufhielt. Der 22-Jährige kehrte ins Basislager zurück.
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