Die gute Lawine

Matthias Baumann vor dem neuen Krankenhaus in Phakding
Matthias Baumann vor dem neuen Krankenhaus in Phakding

„Es war sehr emotional“, sagt mir Matthias Baumann. Im November war der Tübinger Chefarzt mit seiner Familie in Nepal. Es war eine Reise dreier Generationen: Mit dabei waren seine Lebenspartnerin Eva, ihr gemeinsamer zweijähriger Sohn und Matthias‘ Eltern, 82 und 78 Jahre alt. Der Familienausflug führte die Baumanns nach Phakding im Khumbu-Gebiet, wo nach fünf Jahren Bauzeit das „Himalayan Sherpa Hospital“ eingeweiht wurde. Sogar Staatspräsidentin Bidhya Devi Bhandari war zugegen, um das Band an der Eingangstür der neuen Klinik zu zerschneiden. „Das war für die Bevölkerung des Khumbu etwas Besonderes“, sagt Matthias. „Allzu häufig bekommen sie dort nicht Besuch vom Staatsoberhaupt.“

Offen für alle

Mönche und Staatspräsidentin Bidhya Devi Bhandari (links neben Baumann) bei der Eröffnungsfeier der Klinik in Phakding
Mit dem Segen von oben: Mönche und Staatspräsidentin Bidhya Devi Bhandari (l. neben Baumann)

15 Betten stehen in dem Krankenhaus zur Verfügung, dazu ein Labor und eine Apotheke. „Die ersten Patienten wurden bereits behandelt.“ Demnächst soll die Klinik auch ein Röntgen- und ein Ultraschallgerät erhalten. Phakding liegt an der legendäre Trekkingroute zum Everest-Basislager. Für die meisten Touristen, die am Flugplatz in Lukla landen, endet in dem Dorf auf rund 2600 Metern nach rund drei Stunden Gehzeit die erste Etappe ihres Trekkings.

„Das Krankenhaus ist in erster Linie für die Einheimischen gedacht. Aber natürlich steht es jedem offen, der Hilfe benötigt“, sagt Baumann. Die Einheimischen müssen eine eher symbolische Behandlungsgebühr von 100 Rupien (umgerechnet 1,15 Euro) entrichten. Ausländische Trekkingtouristen oder Bergsteiger müssen etwas tiefer in die Tasche greifen, um sich behandeln zu lassen: Für sie liegt die Gebühr bei 75 Dollar (71 Euro) .

Ein Kreis schließt sich

Bisher war für die Menschen in Phakding und den umliegenden Weilern die nächste Klinik in Lukla – oder in Khunde, rund vier Stunden Fußweg talaufwärts, wo Everest-Erstbesteiger Sir Edmund Hillary 1966 das erste Krankenhaus im Khumbu gegründet hatte. Als Konkurrenz will Matthias Baumann die Klinik in Phakding nicht verstanden wissen: „Ganz im Gegenteil. Die Ärzte des Hospitals in Khunde haben mich während des Projekts unterstützt und beraten. Sie freuen sich, dass es jetzt eine weitere Klinik im Everest-Gebiet gibt.“

Dr. Matthias Baumann und Dr. Pasang Sherpa
Zwei Ärzte und Freunde: Matthias mit Pasang Sherpa (r.)

Pasang Sherpa ist der erste nepalesische Arzt des neuen Krankenhauses. Zu ihm hat Baumann eine besondere Beziehung. Pasang ist der Sohn seines alten Freundes Pemba Sherpa, den er vor mehr als 25 Jahren bei einem internationalen Bergführerkurs in Chamonix kennengelernt hatte. „Pemba war der Grund, dass ich einst nach Nepal kam“, erzählt Matthias. Pembas Sohn habe die Hillary-Schule in Khumjung absolviert und später auf den Philippinen Medizin studiert. „Und jetzt ist Pasang der erste Arzt an unserer Klinik. In gewisser Weise schließt sich damit ein Kreis. Das macht mich sehr glücklich.“ Baumann will als Arzt selbst mit anpacken, wann immer er in Phakding ist. Und er lädt medizinisches Personal aus dem Ausland dorthin ein: „Wir haben ein Wohnhaus für alle Helfenden. Jeder ist willkommen.“

Seit 2014 Hilfsprojekte für Nepal

Klinik in Phakding von außen
Die Klinik steht allen offen: Einheimischen und auch Touristen

2009 hatte Matthias – ohne Flaschensauerstoff – den Achttausender Cho Oyu in Tibet bestiegen. 2011 versuchte er sich – mit Atemmaske – am Mount Everest. Rund 200 Meter unterhalb des Gipfels musste er wegen eines Missgeschicks umkehren: Als er die Sauerstoffflasche wechseln wollte, stellte er fest, dass sie leer war. 2014 war Baumann zurück am Everest. Bei einer Lawine im Khumbu-Eisbruch kamen damals 16 nepalesische Bergsteiger ums Leben, die Saison endete vorzeitig. Nach dem Unglück sammelte Baumann Spenden für die Hinterbliebenen der Opfer.

Ein Jahr später war Matthias wieder in der Not zur Stelle. Nach dem verheerenden Erdbeben in Nepal Ende April 2015 operierte der deutsche Unfallchirurg in einer Klinik nahe Kathmandu zahlreiche Menschen, die bei dem Beben verletzt worden waren. Anschließend sammelte er mit dem Verein „Sherpa Nepalhilfe“ Spenden für den Wiederaufbau.

Drei Schulen im Khumbu konnten mit dem Geld wieder aufgebaut werden, dazu ein Gebäude des Gemeindehauses im Dorf Thame. Aktuell baut Baumanns Stiftung eine weitere Schule im benachbarten Rolwaling-Tal. „Mein Vater sagte in Phakding zu mir: ‚Das alles hier ist doch viel wichtiger, als den Everest zu besteigen.'“, erzählt Matthias. „Hat sich also die tödliche Lawine im Khumbu-Eisbruch in eine Lawine der guten Taten verwandelt?“, frage ich ihn. „In gewisser Weise“, antwortet Baumann. „Das ist doch schön, oder?“

P.S.: Für alle, die Matthias‘ Projekte unterstützen wollen, hier die Kontoverbindung: Sherpa Nepalhilfe e.V., Volksbank Tübingen, IBAN: DE27 6039 1310 0309 8640 03, BIC: GENODES1VBH, Verwendungszweck: Nepalhilfe.

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