Das Video, das in den sozialen Netzwerken kursiert, lässt eigentlich keinen Raum für Interpretationen: Ein Hubschrauber landet in Lager 1 auf 5700 Metern am Achttausender Manaslu im Westen Nepals. Auf der einen Seite des Helikopters wird ein Rucksack ausgeladen, den sich jemand holt, auf der anderen Seite steigt ein Bergsteiger aus und wird von einem anderen per Handschlag begrüßt.
Entstanden ist das Video angeblich im vergangenen Herbst bei der Manaslu-Expedition der Königlichen Garde Bahrains, die vom nepalesischen Veranstalter Seven Summit Treks organisiert wurde. Sollte sich die Datierung des Videos bestätigen, wäre beim Gipfelerfolg des Teams aus Bahrain „Heli-Doping“ mit im Spiel gewesen und mindestens ein, möglicherweise auch mehrere Bergsteiger hätten sich die erste Gipfeletappe vom Basislager bis Lager 1 gespart. Meine Anfrage dazu bei Seven Summit Treks blieb bisher unbeantwortet.
So langsam ist mir schwindlig von dem ständigen Hin und Her der nepalesischen Regierung in Sachen Quarantäne für Einreisende. Deshalb formuliere ich es vorsichtig: Offenbar scheint sich das Tourismusministerium jetzt auf eine Regelung geeinigt zu haben, die möglicherweise für längere Zeit Bestand haben könnte. Danach müssen sich Einreisende – sofern sie vollständig gegen das Coronavirus geimpft sind oder einen negativen PCR-Test vorweisen, der nicht älter als 72 Stunden ist – direkt nach der Ankunft in Nepal testen lassen.
Wenn die Regierung Nepals etwas beherrscht, dann die Rolle rückwärts. Offenkundig werden die Quarantänevorschriften für einreisende Touristen nun doch vorerst nicht gelockert. Nach einer Kabinettssitzung in der vergangenen Woche hatten Vertreter des Tourismusministeriums noch gegenüber Pressevertretern in Kathmandu erklärt, Gäste aus dem Ausland, die vollständig gegen das Coronavirus geimpft seien, müssten künftig nicht mehr in eine verpflichtende einwöchige Quarantäne in einem Hotel in Kathmandu. Ein negativ ausgefallener Covid-19-Test, der nicht älter als 72 Stunden sei, reiche aus, um sich sofort frei in Nepal bewegen zu können.
„Es war eine ziemlich lange Zeit zu Hause“, schreibt mir Pemba Sharwa Sherpa. „Ein Jahr lang konnte ich wegen der Corona-Pandemie nicht arbeiten. Meinen Freunden hier in Phortse erging es genauso. Die meisten von ihnen bereiten sich darauf vor, wieder auf den Everest zu steigen.“ In diesem Frühjahr will Pemba zwei Brasilianer auf den Gipfel des Mount Everest führen.
Der 29-Jährige stammt aus dem 3840 Meter hoch gelegenen Phortse, dem Dorf im Khumbu-Gebiet mit der höchsten Dichte an Besteigern des Mount Everest: Mehr als 80 Bewohner standen bereits auf dem höchsten Punkt der Erde auf 8849 Metern. Pemba wurde in eine „Everest-Familie“ hineingeboren: Sein Vater Lhakpa Dorje erreichte 1987 den Gipfel und arbeitete bei insgesamt über 30 Achttausender-Expeditionen. Einer von Pembas Großvätern versorgte 1953 die Expedition der Everest-Erstbesteiger Sir Edmund Hillary und Tenzing Norgay mit Yaks, der andere Großvater heuerte bei fast 20 Expeditionen an.
Einreisende aus dem Ausland, die vollständig gegen COVID-19 geimpft worden sind und zusätzlich einen aktuellen negativen Coronatest vorlegen können, müssen sich in Nepal nicht mehr in eine einwöchige Hotelquarantäne begeben. Das hat nach Angaben der Zeitung Kathmandu Post die nepalesische Regierung bei der gestrigen Kabinettssitzung beschlossen. Mit anderen Worten: Auch geimpfte Bergsteiger, die in diesem Frühjahr den Mount Everest oder einen anderen Berg in Nepal besteigen wollen, können wieder selbst entscheiden, wann sie sich nach der Ankunft in Kathmandu auf den Weg in die Berge machen.
„Wir fühlen uns wirklich schlecht“, schreibt mir Vinayak Jay Malla und meint sich selbst und jene rund 60 Nepalesen, die nach einer langen Ausbildung ein internationales Bergführer-Zertifikat erhalten haben. Trotz ihrer Qualifikation müssen sie jetzt, kurz vor Beginn der Frühjahrssaison am Mount Everest und den anderen hohen Bergen Nepals, beim Tourismusministerium in Kathmandu eine Bergführerlizenz beantragen. Hintergrund: Die Regierung hat verfügt, dass jede Expedition an einem Berg in Nepal einen Bergführer anheuern muss. Nur wer eine der neuen staatliche Lizenzen hat, wird anerkannt. Das internationale Zertifikat gilt nicht automatisch als Nachweis. Ein Unding, schimpft Ang Norbu Sherpa, Präsident des nepalesischen Bergführerverbands NNMGA, der die Zertifikate vergibt.
Eigentlich könnte man den Dhaulagiri, den „weißen Berg“, fast umbenennen: in Soriagiri, „Sorias Berg“. Zum nun schon elften Mal (wie er selbst sagt – laut Himalayan Database ist es sogar schon das zwölfte Mal seit 1998) versucht der Spanier Carlos Soria, den 8167 Meter hohen Dhaulagiri im Westen Nepal zu besteigen. Zusammengenommen mehr als anderthalb Jahre seines Lebens hat Carlos am siebthöchsten Berg der Erde verbracht. Einmal, im Herbst 2017, war Soria fast oben. Auf 8050 Metern musste er umkehren, weil er und seine Mitstreiter im Gipfelbereich die Orientierung verloren und das falsche Couloir erwischt hatten.
Was seine Hartnäckigkeit am Dhaulagiri noch ausgewöhnlicher macht, ist Carlos‘ Alter: Stolze 82 Lenze zählt er inzwischen. Zwölf Achttausender hat der ehemalige Polsterer, der in der Kleinstadt Moralzarzal nahe Madrid lebt, schon bestiegen – elf davon mit über 60. Nur der Dhaulagiri und die Shishapangma fehlen ihm noch in seiner Sammlung. Er hält die Altersrekorde am K 2 (65 Jahre), Makalu (69, damals stieg er ohne Flaschensauerstoff auf), Gasherbrum I (70), Manaslu (71), Lhotse (72), Kangchendzönga (75) und an der Annapurna (77).
Was für ein plumper Versuch! Die Regierung Nepals versucht, unliebsame Bilder und Videos vom Mount Everest zu verhindern. In einer Auflistung von Regeln für Expeditionen zum höchsten Berg der Erde – bezeichnenderweise bisher nur in Nepali veröffentlicht – wird den Bergsteigern untersagt, mit ihren Videokameras oder Smartphones andere Kletterer aufzunehmen und die Bilder und Filme dann über die sozialen Netzwerke zu verbreiten.
Jeder könne sich selbst oder seine Gruppe fotografieren oder filmen und diese Aufnahmen ins Internet stellen, präzisierte Mira Acharya, Direktorin im nepalesischen Tourismusministerium, gegenüber der Zeitung Kathmandu Post. „Aber sie werden belangt, wenn sie Bilder von anderen Kletterern ohne die Zustimmung der (zuständigen) Abteilung (des Ministeriums) machen und teilen.“ Dies, so Acharya, sei schon seit langem gesetzlich verboten, aber niemand habe sich an die Vorschrift gehalten.
Auf seiner Homepage läuft ein Countdown. Noch rund drei Wochen, dann wird der frühere Football-Profi Mark Pattison nach Nepal fliegen, um den Mount Everest und direkt anschließend den Lhotse zu besteigen – mit Flaschensauerstoff. Gelingt es ihm, den höchsten Gipfel der Erde zu erreichen, wäre der 59-Jährige der zweite Ex-Profi der nordamerikanischen Football-Liga NFL, der die Seven Summits komplettiert, die Sammlung der höchsten Berge aller Kontinente. Der Erste war 2019 Craig Hanneman, der in den 1970er Jahren sein Geld als Profi in der NFL verdient hatte.
Pattison spielte in den 1980er Jahren als Wide Receiver (Passempfänger des Quarterbacks oder anderer Passgeber) bei den NFL-Klubs Los Angeles Raiders und New Orleans Saints. Nach dem Karriere-Ende wurde Mark ein erfolgreicher Geschäftsmann. Heute ist er Vorstandsmitglied der Zeitschrift Sports Illustrated und Motivationsredner. Er produziert einen eigenen Podcast mit dem Titel „Finding your summit“ (Finde deinen Gipfel).
Sechs der Seven Summits bestiegen
Zum Bergsteigen fand Pattison vor zehn Jahren in einer persönlichen Krise: Er trennte sich von seiner langjährigen Ehefrau, sein Vater starb nach einem schweren Schlaganfall. Mark setzte sich ein neues Ziel: die Besteigung der Seven Summits. Los ging es 2013 mit dem Kilimandscharo (den höchsten Berg Afrikas bestieg Mark 2017 ein weiteres Mal). Es folgten 2014 der Elbrus (höchster Berg Europas), 2015 der Mount Kosciuszko (Australien), 2016 der Aconcagua (Südamerika), 2018 der Denali (Nordamerika) und 2019 der Mount Vinson (Antarktis). Nun also will er auf den 8849 Meter hohen Mount Everest und hinterher als Sahnehäubchen noch innerhalb von 24 Stunden auf den 8516 Meter hohen benachbarten Lhotse.
Mark, sechs der Seven Summits hast du bereits bestiegen, nun versuchst du dich am höchsten aller Berge. Mit welchem Gefühl startest du in die Expedition?
Der Startschuss für die Frühjahrs-Klettersaison am Mount Everest ist gefallen: Ein insgesamt neunköpfiges Team der so genannten „Icefall Doctors“ machten sich in dieser Woche in Namche Bazaar, dem Hauptort des Everest-Gebiets, auf den Weg zum Basislager auf der nepalesischen Südseite des höchsten Bergs der Erde. Sechs darauf spezialisierte Sherpas werden die Route durch den gefährlichen Khumbu-Eisfall vorbereiten, über die dann von April an die Teilnehmer der kommerziellen Expeditionen aufsteigen sollen.
Der Achttausender Manaslu im Westen Nepals bleibt eine kaum einnehmbare Winterfestung. Mit den Spaniern Alex Txikon und Inaki Alvarez und ihrem Sherpa-Team warfen am Wochenende auch die letzten Bergsteiger am achthöchsten Berg der Erde das Handtuch.
„Wir waren sehr nah dran, aber am Ende war es nicht möglich“, sagte Alex Txikon. „Die Wettervorhersagen zeigen für mindestens 10 Tage keine Besserung und danach wissen wir nicht, wie es weitergeht. Es ist also sehr riskant, die Genehmigung zu verlängern.“ Das Permit der nepalesischen Regierung galt nur bis zum 28. Februar, dem Ende des meteorologischen Winters. Zweimal waren Txikon und Co. bis auf eine Höhe von rund 7000 Metern vorgedrungen, ehe schlechtes Wetter und große Schneemengen sie zur Umkehr gezwungen hatten.