Medikament gegen Höhenkrankheit als Corona-Retter?

Plötzlich spricht alle Welt über Dexamethason – ein Medikament, das Höhenbergsteiger und Trekkingurlauber, die im Himalaya oder Karakorum unterwegs sind, seit langem kennen. Eine britische Studie hat nach Angaben der beteiligten Wissenschaftler ergeben, dass die Todesrate bei künstlich beatmeten COVID-19-Patienten um etwa ein Drittel sank, wenn ihnen die Ärzte Dexamethason verabreicht hatten. Bei einem milden Krankenheitsverlauf zeigte das Steroid allerdings keine Wirkung. Der britische Gesundheitsminister Matt Hancock sprach von „brillanten Neuigkeiten“, Tedros Adhanom Ghebreyesus, Präsident der Weltgesundheitsorganisation WHO von einem „lebensrettenden wissenschaftlichen Durchbruch“. Deutsche Wissenschafter warnen vor voreiliger Euphorie. So müssten auch die Nebenwirkungen des Medikaments berücksichtigt werden. Außerdem sei es offenkundig nur bei schweren Verläufen hilfreich und ersetze keinen Impfstoff, der weiterhin nötig sei.

Eines der „Three D“

Oswald Oelz (beim Klettern in Jordanien)

In der Höhenmedizin ist Dexamethason ein alter Hut. Seit Jahrzehnten wird das Steroid als Notfallpräparat bei lebensbedrohlichen Höhenhirnödemen eingesetzt, der gefährlichsten Ausprägung der Höhenkrankheit. Häufig wird Dexamethason an den höchsten Bergen der Welt aber auch als Dopingmittel verwandt, im Rahmen der „Three D“, wie mir einmal der legendäre Bergsteiger und Arzt Oswald Oelz erklärte: „Die Bergsteiger nehmen Diamox lange Zeit, dann Dexamethason, ein Kortisonpräparat, wenn es in die Höhe geht, und schließlich, um die letzten Kräfte zu mobilisieren, Dexidrine, ein Amphetamin– also jenes Gift, das schon im zweiten Weltkrieg den Piloten gegeben wurde, um sie richtig aggressiv zu machen. In der Geschichte des Alpinismus sind viele Bergsteiger an den Folgen dieser Amphetamine gestorben, am Nanga Parbat und anderen Bergen, weil sie sich über ihre Limits gepusht haben.“

Sollten sich die vorläufigen Erkenntnisse der britischen Corona-Studie bestätigen, wäre es dennoch eine gute Nachricht für Länder wie Pakistan oder Nepal. Da Dexamethason in großer Höhe häufig genutzt wird, ist es in den Staaten, in denen die höchsten Berge der Welt liegen, meist verfügbar. Und preiswert dazu.

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