Das Basislager zu Füßen des Nanga Parbat steht. Und wenn der Deutsche David Göttler, der Italiener Hervé Barmasse und der US-Amerikaner Mike Arnold aus ihren Zelten blicken, sehen sie auf die Rupalwand des Achttausenders Nanga Parbat – „eine fast 4500 Meter hohe Wand aus Schnee, Eis und Fels“, wie Hervé in einem Interview der italienischen Sportzeitung „La Gazetta dello Sport“ sagte. „Es ist die höchste Wand der Welt, und noch nie ist es jemandem gelungen, sie in der kältesten Jahreszeit zu überwinden.“ Zum Vergleich: Die Rupalwand ist rund 1000 Meter höher als die Nordwand des Mount Everest und zweieinhalbmal so hoch wie die Eiger-Nordwand.
Messner- oder Kukuczka-Route?
Erstmals durchstiegen wurde die Südostwand des Nanga Parbat im Sommer 1970 von den Südtiroler Brüdern Reinhold und Günther Messner. Beim Abstieg über die Nordwestseite des 8125 Meter hohen Bergs in Pakistan kam Günther Messner ums Leben, nach Angaben seines Bruder Reinhold bei einem Lawinenabgang. Die Aufstiegsroute der beiden Südtiroler über den Südsüdostsporn ist laut Barmasse eine von zwei Optionen, die sich das internationale Team nun ausgeguckt hat.
Die andere Option ist die Route eines vierköpfigen Teams um den legendären polnischen Bergsteiger Jerzy Kukuczka, das im Sommer 1985 über den Südostpfeiler zum Gipfel aufgestiegen war. Und warum diese beiden Routen? „Sie sind am direktesten und meiner Meinung nach im Winter am ehesten machbar“, sagte Hervé. Sie wollten den Nanga Parbat in sauberem Stil besteigen, sagt der 44-Jährige, „ohne ihn zu verschmutzen oder in Plastik zu packen, ohne Fixseile anzubringen oder Sauerstoff zu verwenden“.
Nur in der Sonne klettern
Laut Barmasse hoffen die Bergsteiger auf einen Gipfelversuch irgendwann zwischen dem 10. und 20. Januar: „Wenn alles perfekt nach Plan läuft, verbringen wir zwei Nächte im Aufstieg und eine Nacht im Abstieg, im schlimmsten Fall drei nach oben und zwei nach unten. (…) Wir nutzen unsere Fähigkeit, auch in diesen Höhen recht schnell unterwegs zu sein, und versuchen, in der Sonne zu klettern und nachts im Zelt Schutz zu finden. Normalerweise startet man auch im Winter nachts zum Gipfel, aber dieses Mal werden wir versuchen, eine andere Taktik anzuwenden.“ Aktuell bewegen sich die Temperaturen im Gipfelbereich um minus 45 Grad Celsius.
„Genug Erfahrung“
„Unsere Erfolgsaussichten sind sehr, sehr gering“, schreibt David Göttler auf Facebook, gibt sich dennoch vorsichtig optimistisch: „Ich denke, wir haben genug Erfahrung, um eine Chance zu haben. Aber bitte macht euch klar, dass für uns die Sterne in einer perfekten Konstellation stehen müssen, damit wir eine echte Chance erhalten.“ Der 43-Jährige hatte sich im Winter 2013/14 auf der Südostseite des Nanga Parbat versucht und war bis zum Mazeno-Grat auf 7200 Meter Höhe gelangt, ehe er wegen schlechten Wetters hatte umkehren müssen.
Update 29. Dezember: Der pakistanische Bergsteiger Qudrat Ali hat klargestellt, dass er nicht – wie zuvor berichtet – mit auf den Berg steigen wird, sondern als „Liasion Officer“ (Verbindungsmann der Regierung) das Basislager managt.