Der rumänische Top-Bergsteiger Zsolt Torok ist tödlich verunglückt. Am vergangenen Samstag wurde der 45-Jährige am 2535 Meter hohen Negoiu, dem zweithöchsten Berg seines Heimatlandes, tot aufgefunden. Seine Frau hatte ihn als vermisst gemeldet, nachdem sie drei Tage lang nichts von Zsolt gehört hatte. Die beiden hatten erst Mitte Juli geheiratet. Torok war alleine im Fagaras-Gebirge unterwegs, um dort zu trainieren. Die Retter, die seine Leiche fanden, vermuten, dass sich im brüchigen Fels ein Brocken löste, auf dem Zsolt stand, und den Kletterer mit in die Tiefe riss.
„Zsolt war der Erfahrenste und Stärkste von uns“, schrieb der 29 Jahre alte Rumäne Vlad Capusan, der mehrfach mit Torok auf Expedition war, auf Facebook. „Er betrachtete Bergsteigen nicht als Sport, sondern als Lebensstil, bei dem man mit jeder Expedition besser wird und seinen Mitmenschen eine wertvolle Geschichte mitbringt. Es ging ihm nie darum, Gipfel zu erobern oder Rekorde zu brechen, sondern um die spirituelle Erfüllung auf der Reise nach oben.“
Neue Route am Pumori im Herbst 2018
Zsolt Torok hat auch im Himalaya und Karakorum Spuren hinterlassen. 2012 bestieg Torok mit seinen Landsleuten Teofil Vlad, Marius Gane und Aurel Salasan den Nanga Parbat. Es war sein erster Achttausender-Erfolg nach gescheiterten Versuchen am Cho Oyu (2006) und am K 2 (2010). 2016 gelang ihm in Nepal mit Vlad Capusan die Erstbesteigung des 6374 Meter hohen Saldim Ri (auch Peak 5 genannt) nahe dem Achttausender Makalu.
Im Herbst 2018 eröffnete Zsolt mit Teofil Vlad und Romeo (genannt „Romica“) Popa im Alpinstil – also ohne Einsatz von Sherpas, ohne Flaschensauerstoff und ohne feste Lagerkette – eine neue Route durch die Südostwand des 7161 Meter hohen Pumori, direkt gegenüber dem Mount Everest. Die Rumänen tauften sie „Le Voyage du Petit Prince“ (die Reise des kleinen Prinzen).
Freund des „romantischen Bergsteigens“
Zsolt bezeichnete die neue Route am Pumori Ende vergangenen Jahres mir gegenüber als seinen „bis dato größten Erfolg, weil eine Weltpremiere wertvoller ist als eine Wiederholung einer Route“. Dennoch wollte Zsolt den Coup des rumänischen Trios nicht zu hoch hängen: „Eigentlich bin ich kein Freund der Jagd nach Erstbegehungen, weil die Berge nicht als vertikale Arena betrachtet werden sollten. Sie sind eher so etwas wie ein Heiligtum. Traditionelle Routen wurden von großartigen Bergsteigern gemeistert. Sie sind, genauso wie Evergreens in der Musik, immer wertvoll.“ Das „romantische Bergsteigen“, zu dem sich Zsolt nach eigenen Worten hingezogen fühlte, verschwinde „allmählich aus den Seelen der Menschen und wird durch den Durst nach dem Extremen ersetzt“.