Das wäre wirklich bitter. Möglicherweise kann der nepalesische Bergsteiger Nirmal, genannt „Nims“ Purja die dritte und letzte Phase seines „Project Possible“ wegen unüberwindbarer bürokratischer Hürden nicht wie geplant abschließen. Der 36 Jahre alte frühere Soldat des britischen Gurkha-Regiments lag bisher – wie mehrfach berichtet – trotz einiger Widrigkeiten in seinem Zeitplan, innerhalb von sieben Monaten alle 14 Achttausender zu besteigen. Nachdem er im Frühjahr und Sommer mit seinem Team in einem bis dato beispiellosen Parforce-Ritt elf Achttausender „abgehakt“ hat, will Nims in der anstehenden Herbstsaison noch die fehlenden drei Gipfel angehen: den Manaslu in Nepal sowie Cho Oyu und Shishapangma. Die beiden letztgenannten Achttausender liegen in Tibet – und genau das ist das Problem.
Ich habe aus mehreren vertrauenswürdigen Quellen erfahren, dass die chinesisch-tibetischen Behörden in diesem Herbst keine Permits für die Shishapangma ausstellen wollen – angeblich aus Sicherheitsgründen. Der 8027 Meter hohe Berg, der niedrigste der 14 Achttausender, bliebe damit für diese Saison gesperrt.
Restriktiver Kurs der chinesch-tibetischen Behörden
Dass für Purja eine Ausnahme gemacht wird, erscheint mir eher unwahrscheinlich. Schon mehrfach waren in der Vergangenheit die höchsten Berge Tibets gesperrt worden, zuletzt im Herbst 2017. Und die Verbote waren stets auch durchgezogen worden.
Die chinesisch-tibetischen Behörden fahren an den Achttausendern ohnehin aktuell einen zunehmend restriktiven Kurs. Für die vergangene Frühjahrssaison am Everest wurde die Zahl der Permits auf der tibetischen Nordseite des Bergs auf 300 gedeckelt, am Ende wurden nur 142 Besteigungsgenehmigungen für ausländische Bergsteiger ausgestellt.
Die seit 2019 geltenden neuen Vorschriften für Achttausender-Expeditionen in Tibet haben zudem die Preise in die Höhe getrieben. Seit diesem Jahr muss pro Kunde ein Climbing Sherpa abgestellt werden. Außerdem werden Müllsammel-Gebühren erhoben: 1500 US-Dollar pro Bergsteiger am Everest, 1000 Dollar an Cho Oyu und Shishapangma. Auch die Preise für den verpflichtenden Materialtransport per Yak ins Basislager haben kräftig angezogen. Zudem müssen die Veranstalter eine Kaution für eine mögliche Bergrettung hinterlegen. In der Summe sind Expeditionen nach Tibet damit deutlich teurer geworden.
Nein danke, zu teuer!
Für den Cho Oyu müssen Kunden kommerzieller Expeditionen inzwischen rund 25.000 Dollar (22.500 Euro) berappen, rund 10.000 Dollar mehr als etwa für den Manaslu in Nepal. „Waren früher am Cho Oyu pro Saison 20 oder mehr Expeditionen unterwegs, sind es jetzt vielleicht noch eine Handvoll“, sagt mir Dominik Müller, Chef des deutschen Veranstalters Amical alpin. „Durch die neuen Vorschriften ist der Preis so in die Höhe geschnellt, dass viele unserer Kunden abwinken.“ Eine eigentlich für diesen Herbst geplante Expedition zu dem 8188 Meter hohen Berg in Tibet musste Amical mangels Nachfrage absagen.
Die Preise für Shishapangma-Expeditionen liegen teilweise sogar noch höher: um die 30.000 Dollar. Wenn die Expeditionen überhaupt angeboten werden können. Zumindest in diesem Herbst haben die Behörden offenbar etwas dagegen. Aber vielleicht drücken sie ja wenigstens im Fall Nirmal Purja ein Auge zu. Verdient hätte es Nims.