Mount Everest, Manaslu, Annapurna: Startschuss für Achttausender-Winterexpeditionen in Nepal

Jost Kobusch
Jost Kobusch

Wintersonnenwende. Am heutigen Samstag, um 10.19 Uhr Mitteleuropäischer Zeit (9.19 Uhr Weltzeit), hat der kalendarische Winter begonnen . Und das war gleichzeitig der offizielle Startschuss für drei Winterexpeditionen an Achttausendern in Nepal. „Meine Expedition wird gleich am nächsten Tag, am 22. Dezember, beginnen“, schreibt Jost Kobusch auf Instagram. „Damit ist sichergestellt, dass ich meine Besteigung komplett im Winter beginne.“

In der Vergangenheit hatte es immer wieder Diskussionen unter Bergsteigern darüber gegeben, was genau unter einer Winterexpedition zu verstehen sei. Auf der einen Seite gab es jene, die den meteorologischen Winter (1. Dezember bis 28./29. Februar) als Grundlage nahmen und darauf beharrten, dass der Gipfelerfolg bis spätestens Ende Februar geschafft sein müsse. Auf der anderen Seite standen diejenigen, für die der kalendarische Winter das Maß aller Dinge war: mit dem Start zur Wintersonnenwende und der Deadline des Frühjahrsbeginns (2025 am 20. März).

Ziel: höher als 7500 Meter

Kobusch versucht sich zum dritten Mal im Winter am Mount Everest. Sein Fernziel ist es, den höchsten Berg der Erde im Alleingang und ohne Flaschensauerstoff zu besteigen: über die selten begangene Route via Westgrat und Hornbein-Couloir zum Gipfel auf 8849 Metern. Im ersten Anlauf war er im Winter 2019/2020 bis zur Westschulter auf gut 7300 Metern gelangt.  Im Winter 2021/2022 war wegen des starken Winds auf knapp 6500 Metern Endstation. Eigentlich hatte Jost bereits im vergangenen Winter zum Everest zurückkehren wollen. Eine Rückenverletzung, die er sich im Training zuzog, zwang ihn jedoch zu einer langen Pause.

Nepalesische Seite des Mount Everest
Nepalesische Seite des Mount Everest (2002)

Die Verletzung ist auskuriert. Jost ist bereits seit einigen Wochen in Nepal unterwegs, um sich für den Everest zu akklimatisieren. In der vergangenen Woche bestieg er den Sechstausender Lobuche East im Everest-Tal.  Der 32 Jahre alte deutsche Bergsteiger hat sich für diesen Winter das Ziel gesetzt, höher zu gelangen als jemals ein Mensch in der kalten Jahreszeit auf dieser Route. Am weitesten gelangte bisher im Winter über den Westgrat eine französische Expedition unter Leitung von Eric Dossin im Januar 1985: bis auf 7500 Meter – mit Flaschensauerstoff.

Simone Moro im Team mit Nima Rinji Sherpa

Simone Moro, Nima Rinji Sherpa und Oswald Rodrigo Pereira (v.l.) bei ihrer Puja mit einem Mönch (im Hintergrund die Ama Dablam)

Bereits zum sechsten Mal versucht sich Simone Moro in diesem Winter am Manaslu im Westen Nepals. Der 57 Jahre alte Italiener ist ein ausgesprochener Winterspezialist. Ihm gelangen gleich vier Wintererstbesteigungen von Achttausendern: an der Shishapangma (2005), dem Makalu (2009), dem Gasherbrum II (2011) und dem Nanga Parbat (2016). Am Manaslu will Moro gemeinsam mit dem Nepalesen Nima Rinji Sherpa und dem Polen Oswald Rodrigo Peirera über die Normalroute zum Gipfel auf 8167 Metern aufsteigen – im Alpinstil, also ohne Atemmaske, ohne Unterstützung von Hochträgern, ohne Fixseile und ohne feste Hochlager. Nima Rinji ist erst 18 Jahre alt, im vergangenen Herbst vervollständigte er mit einem Erfolg an der Shishapangma in Tibet seine Sammlung der 14 Achttausender.

Eine erfolgreiche Achttausender-Winterbesteigung im Alpinstil hat es bisher noch nicht gegeben. Im Winter 2021/22 hatten der Deutsche David Göttler und der Italiener Hervé Barmasse vergeblich versucht, in diesem Stil den Nanga Parbat zu besteigen. Im Winter 2022/23 scheiterten sie mit ihrem Alpinstil-Versuch am Dhaulagiri.

Alex Txikon und Sajid Ali Sadpara gemeinsam an der Annapurna I  

In eher klassischem Stil – also mit Sherpa-Unterstützung, Fixseilen und Hochlagern – versucht in diesem Winter der Spanier Alex Txikon, die 8091 Meter hohe Annapurna I, ebenfalls im Westen Nepals gelegen, zu besteigen. Der 43-Jährige verzichtet dabei auf Flaschensauerstoff, seine Sherpa-Begleiter nicht unbedingt. Auf diese Weise hatten Txikon und Co. im Januar 2023 den Manaslu bestiegen, was zu einer Stildebatte bei Winterexpeditionen geführt hatte.

Für Alex war es die zweite erfolgreiche Achttausender-Winterbesteigung nach dem Coup 2016 am Nanga Parbat gemeinsam mit Simone Moro und Muhammad Ali Sadpara. Der Pakistaner Ali kam 2021 bei einem Winterversuch am K2 ums Leben. Dessen Sohn Sajid Ali Sadpara gehört jetzt zu Txikons Team an der Annapurna. Der 24-Jährige hat inzwischen acht Achttausender ohne Flaschensauerstoff bestiegen, darunter den Mount Everest, den K2 und auch – im Frühjahr 2023 – die Annapurna.  

Social media & sharing icons powered by UltimatelySocial
error

Enjoy this blog? Please spread the word :)