Jost Kobusch nach Everest-Expedition: „Es war ein krasser Winter“

Jost Kobusch
Jost Kobusch

Zum zweiten Mal kehrt Jost Kobusch mit vielen Erfahrungen, aber ohne Gipfelerfolg vom Mount Everest zurück. Den hatte er sich allerdings in diesem Winter auch nicht auf die Fahne geschrieben. Als Ziel hatte er formuliert, bis auf 8000 Meter aufzusteigen – wenn es die Bedingungen zuließen. Doch genau das geschah in diesem Winter nicht. Heute kehrte der 29 Jahre alte deutsche Bergsteiger in die nepalesische Hauptstadt Kathmandu zurück. Sein Heimflug ist für den 11. März geplant.

Jost, du hast jetzt zwei Monate fast ununterbrochen in einer Höhe von über 5000 Metern verbracht. Wie geht es dir körperlich?

Mir geht es gut. Klar, du spürst das, du baust Muskeln ab. Ich fühle mich fast wie ein Astronaut, der nach einem langen Aufenthalt in der Raumstation auf die Erde zurückkehrt und wieder das Training aufnehmen muss, um Muskelmasse aufzubauen.

Aber die Hose passt noch?

Die passt noch. Sie hat eine Kordel, die man enger ziehen kann.

Du hast während deiner zweiten Everest-Winterexpedition sehr viel Zeit mit Warten verbracht. Bist du jetzt ein Weltmeister in Geduld?

Nepalesische Seite des Mount Everest
Nepalesische Seite des Mount Everest

Immer diese Weltmeistersprüche. (lacht) Aber im Ernst, ich bin jemand, der sich sehr wenig von Emotionen beeinflussen lässt. Wenn nichts geht, dann geht halt nichts. Ich würde sagen, ich bin prinzipiell ein geduldiger Mensch. Ich habe nicht am Rad gedreht, sondern meine Bücher gelesen, Dokus geschaut und gemacht, was ging.

Es kam keine Langeweile auf?

Nein, wirklich nicht. Ich hatte elf Bücher dabei und habe viele von ihnen gelesen. Im normalen Leben kommt man oft nicht dazu, seine lange Leseliste abzuarbeiten. Das war jetzt die großartige Chance, ein bisschen mehr zu lesen.

Von deinem vorher erklärten Ziel, diesmal die 8000-Meter-Marke zu knacken, warst du wegen des fast permanent schlechten Wetters weit entfernt. Trotzdem sagst du, du bist mit deiner Expedition insgesamt zufrieden. Wie geht das zusammen?

Es ist ganz einfach: Wenn es externe Umstände gibt, auf die ich keinen Einfluss nehmen kann und die dafür sorgen, dass es nicht klappt, worauf soll ich dann sauer sein? Es lag nicht in meiner Macht.

Du hast über die sozialen Netzwerke wissen lassen, dass du in den vergangenen beiden Monaten am Everest viel gelernt hättest. Was genau?

Kobusch vor seinem "Basislager", einer Lodge in Lobuche
Vor seinem „Basislager“, einer Lodge in Lobuche

Ein wichtiger Punkt ist, dass ich in diesem Jahr auf ein traditionelles Basislager verzichtet hate, mit Zelten, Köchen und dem ganzen Kram. Und ich habe festgestellt, dass dies tatsächlich bei einer Winterexpedition und bei dieser Route viel besser funktioniert. Mein Basislager (im Dorf Lobuche im Everest-Gletscher-Tal) konnte nicht zusammenbrechen oder wegfliegen, es rüttelt nicht, ist nicht laut, im Zelt ist es nicht permanent minus 20 Grad kalt. Wenn ich im Dorf bleibe und die Infrastruktur nutze, die schon vorhanden ist, spare ich nicht nur eine riesige Logistik-Kette, sondern habe mehr Sicherheit und mehr Komfort. Und ich kann mich besser erholen. Das war eine gute Idee, die super funktioniert hat.

Und welche Lerneffekte gab es am Berg?

Sagen wir es mal so: Ich kenne jetzt genau die Limits von verschiedensten Zelttypen, wenn es um extreme Windbedingungen geht. Ich habe insgesamt fünf Zelte zerstört: drei davon Totalschaden, bei zweien hat der Wind Löcher in die Wand gesägt. Dieser Winter war zudem nicht nur sehr windig, sondern auch deutlich kälter als andere. Das hat man sogar hier in Kathmandu gespürt. Ich habe erstmals elektrische Heizsohlen verwendet und festgestellt, dass es unter gewissen Umständen gut funktioniert oder eben nicht. Insgesamt habe ich viel über die Möglichkeiten und Grenzen von Ausrüstung gelernt. Das hat mir neue Perspektiven eröffnet und viel für die strategische Planung gebracht.

Du hast fünf Zelte geschrottet. Hattest du überhaupt so viele mit dabei oder musstest du nachordern?

Ich habe mir Zelte von der Agentur ausgeliehen, mit der ich in Nepal zusammenarbeite. Und die hat mir zwischendurch noch Zelte nachgebracht. Klar, ich habe zuvor auch schon mal Stangen verbogen oder vielleicht auch mal eine Zeltwand ein wenig beschädigt. Aber noch niemals in meinem Leben hatte ich ein Zelt komplett zerstört. Und jetzt gleich drei, dazu zwei sehr schwer beschädigt. Es war einfach ein krasser Winter.

Du hast in diesem Winter einige Tage lang auf knapp 6500 Metern im Sturm festgesessen, mitten auf der Westgrat-Route, ohne Chance, bei diesem Wetter weiter aufzusteigen. Hast du dir Gedanken darüber gemacht, ob die von dir geplante anspruchsvolle Route, so wie du sie angehen willst – im Winter, solo, ohne Flaschensauerstoff – vielleicht zu ambitioniert sein könnte?

Jost Kobusch beim Klettern Richtung Westschulter
Jost beim Klettern Richtung Westschulter

Auf keinen Fall. Ich habe diesen höchsten Punkt in diesem Jahr ja schon am 5. Januar erreicht und in diesem Lager 3 übernachtet. Damals, am Anfang des Winters, waren die Bedingungen sehr gut, und ich hätte auch weiter aufsteigen können. Ich habe mich aber aus strategischen Gründen entschlossen abzusteigen, um beim nächsten Mal mit frischer Energie noch höher zu pushen. Zu diesem nächsten Mal ist es wegen des Jetstreams leider nicht gekommen. Die Bedingungen waren in diesem Jahr einfach besonders schlecht, aber alles andere lief extrem gut.

Das zweite Kapitel in deinem persönlichen Everest-Buch ist abgeschlossen. Hast du schon Pläne für ein drittes oder legst du das Buch erstmal beiseite?

Ich werde nicht im kommenden Winter, aber im übernächsten, also 2023/24 wieder am Start sein.

Du nimmst dir also wie beim letzten Mal ein Jahr Everest-Pause.

Ja. Das Ganze muss ja auch noch Spaß machen. Das Projekt ist einfach zu krass, um es jedes Jahr anzugehen.

Du warst jetzt monatelang auf Achse. Worauf freust du dich am meisten?

Wieder richtig schön trainieren zu können, auf Gleitschirmfliegen, Sportklettern, Bergsteigen, mal wieder richtig schön an die körperlichen Limits zu gehen, ohne den Gedanken zu haben, dass man dadurch Muskelmasse abbaut und eher schwächer wird.

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