Achttausender-Winterexpeditionen in Nepal: Warten auf die Chance

Manaslu (l.) und Pinnacle East (r.)
Manaslu (l.) und Pinnacle East (r.)

Winterexpeditionen an Achttausendern sind kein Zuckerschlecken. Zu den extremen körperlichen Herausforderungen aufgrund der großen Kälte von zeitweise minus 30 Grad Celsius oder sogar darunter und des meist niedrigen Luftdrucks kommt die Unwägbarkeit des Wetters: Es drohen starker Schneefall, der zu erhöhter Lawinengefahr führt, und stürmische Böen, teilweise bis zu Orkanstärke, die einen Bergsteiger regelrecht vom Berg fegen können. Die Zahl der echten Gipfelchancen mit vertretbaren Bedingungen am Berg ist gering. Und so müssen sich Winterbergsteiger häufig in Geduld üben.

Moro: „Wie ein Schachspiel mit Wind und Elementen“

Am 8167 Meter hohen Manaslu im Westen Nepals stiegen der Italiener Simone Moro, der Nepalese Nima Rinji Sherpa und der Pole Oswald Rodrigo Perreira heute zum Basislager auf rund 4800 Metern auf. „Es wird ein Schachspiel mit dem Wind und den Elementen sein, in der Hoffnung, ein Fenster mit guten Bedingungen zu finden“, schrieb Simone vor dem Aufbruch auf Instagram.

Das Trio, das sich zuvor an der 6814 Meter Ama Dablam im Everest-Gebiet akklimatisiert hatte, will den Manaslu im Alpinstil besteigen – also ohne Flaschensauerstoff, ohne Sherpa-Unterstützung und ohne feste Hochlager. In diesem Stil wurde – trotz einiger Versuche – noch niemals im Winter der Gipfel eines Achttausenders erreicht.  

Blankeis an der Annapurna

Sajid Ali Sadpara im Aufstieg an der Annapurna I
Sajid Ali Sadpara im Aufstieg an der Annapurna I

An der nicht weit vom Manaslu entfernten, 8091 Meter hohen Annapurna I warten die Winterbergsteiger auf ein Wetterfenster für einen Gipfelversuch. „Heftige Winde haben den Schnee von den Hängen gefegt und blaues Eis zum Vorschein gebracht, das hart wie Stein ist“, berichtete der Pakistaner Sajid Ali Sadpara vor einigen Tagen auf Instagram. „Es sieht so aus, als ob wir wegen der vereisten Hänge den ganzen Weg bis zum Gipfel Fixseile legen müssen.“ Nach Angaben des nepalesischen Expeditionsveranstalters Seven Summit Treks ist die Route bis auf eine Höhe von rund 6500 Metern gesichert.

Nicht mehr dabei ist der spanische Winterspezialist Alex Txikon. Der 43-Jährige ist bereits wieder in seine Heimat zurückgekehrt, nachdem er sich Ende Dezember in Kathmandu einer Notoperation am Blinddarm hatte unterziehen müssen.

Erdbeben am Everest unversehrt überstanden

Der deutsche Bergsteiger Jost Kobusch erholt sich derweil in seinem „Basislager“ im Everest-Tal – in der „Pyramide“, einer italienischen Forschungsstation samt Lodge – vom Schrecken des Erdbebens, das am vergangenen Dienstag Tibet erschüttert hatte. Jost war, wie berichtet, von den Auswirkungen des Bebens im Zelt auf rund 5700 Meter Höhe überrascht worden. Der 32-Jährige hatte die Erdstöße unversehrt überstanden und war anschließend wieder abgestiegen. Bei einem ersten Versuch hatte Kobusch am 27. Dezember am Everest-Westgrat eine Höhe von rund 7500 Metern erreicht.

Kommerzielles Team am Makalu

Zum Jahreswechsel hat sich noch eine vierte Winterexpedition an einem Achttausender dazugesellt. Ein kommerzielles Team versucht sich am 8485 Meter hohen Makalu. Der iranische Bergsteiger Abolfazl Gozali wird von Sanu Sherpa, Phurba Onggel Sherpa und Pastemba Sherpa begleitet. Sie erreichten gestern das Basislager auf 4800 Metern, stiegen bis zum vorgeschobenen Basislager auf 5700 Metern auf und kehrten wieder ins Basislager zurück.

Achttausender Makalu (gesehen vom Gokyo Ri)
Achttausender Makalu (gesehen vom Gokyo Ri)

Der sehr erfahrene Sanu Sherpa, geboren 1975,  leitet die Expedition. Er hat alle 14 Achttausender mindestens je zweimal bestiegen. Der 40 Jahre alte Iraner Gozali stand bislang auf den Gipfeln zweier Achttausender: 2022 mit Flaschensauerstoff auf dem Manaslu und 2023 ohne Atemmaske auf dem  Lhotse. Wie mir der Veranstalter Makalu Adventure mitteilte, werden die Bergsteiger bei ihrem Winterversuch Flaschensauerstoff nutzen.

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