Der Brite war schon zu seinen Lebzeiten eine Legende des Bergsteigens im Himalaya und Karakorum. Heute ist Doug Scott im Alter von 79 Jahren gestorben. Er sei friedlich eingeschlafen, zu Hause im Kreise seiner Familie, teilte die Hilfsorganisation „Community Action Nepal“ (CAN) mit, die Scott vor 30 Jahren gegründet hatte.
Die traurige Nachricht kam nicht überraschend. Im August war bekannt geworden, dass Doug totkrank war. Scott litt an einem nicht operablen Tumor des Lymphgewebes im Gehirn. Er konnte sich schon damals, von der Krankheit geschwächt, nur noch im Erdgeschoss seines Hauses im Lake District in der Grafschaft Cumbria aufhalten.
Durch die Everest-Südwestwand
Doug gehörte in den 1970er und 80er Jahren zu den besten Bergsteigern weltweit. Er nahm an über 40 Expeditionen teil, mehr als 20 Erstbegehungen im Himalaya und Karakorum gehen auf sein Konto. Einige davon sind Meilensteine des Alpinismus. So durchstieg er 1975 zusammen mit seinem Landsmann Dougal Haston erstmals die extrem schwierige Südwestwand des Mount Everest. Zuvor waren fünf Expeditionen an der mehr als 2000 Meter hohen Wand gescheitert. Auch nach 1975 gelang es nur rund 30 weiteren Bergsteigern, die Südwestwand zu durchklettern.
Scott und Haston erreichten am 24. September 1975 den höchsten Punkt. Nach ihrem Gipfelerfolg überlebten sie ein Biwak auf 8760 Metern. „Wir fanden den einfachsten Weg, beinahe in Serpentinen den Berg hinauf. Es war die einzig mögliche Linie, die natürliche Linie“, sagte mir Doug vor einigen Jahren. Er und Haston benutzten bei ihrem Aufstieg Atemmasken. “Als ich auf 8700 Metern ohne Flaschensauerstoff biwakierte, wusste ich, dass es auch ohne möglich gewesen wäre“, so Scott.
1979 bestieg Doug mit Joe Tasker und Peter Boardman im Alpinstil den Kangchendzönga, den dritthöchsten Berg der Erde – über eine neue Route durch die Nordwestwand und über den Nordgrat. 1983 meisterte Scott zusammen mit Roger Baxter-Jones und Alex Macintyre erstmals die Südwand des Achttausenders Shishapangma.
Drama am Ogre mit glücklichem Ausgang
Legendär war auch seine Erstbesteigung des 7285 Meter hohen Ogre I (auch Baintha Brakk genannt) im Karakorum, die ihm am 13. Juli 1977 gemeinsam mit seinem Freund und häufigen Kletterpartner Chris Bonington gelang. Der Abstieg wurde zum Drama mit glücklichem Ausgang: Scott brach sich beide Knöchel, Bonington zwei Rippen. Dennoch erreichten beide, unterstützt von den anderen Teammitgliedern, eine Woche nach dem Gipfelerfolg das Basislager. Es war eine der großen Überlebensgeschichten an den höchsten Bergen der Welt.
Wie Sir Chris Bonington wurde auch Doug Scott für seine Verdienste um den Bergsport geadelt: 1994 erhielt er den Titel „Commander of the Order of the British Empire“, den dritthöchsten Orden Großbritanniens. Für sein Lebenswerk in den Bergen wurde Scott 1991 mit dem Piolet d’Or ausgezeichnet, dem „Oscar der Bergsteiger“.