Alle Bergsteiger sind gleich, aber manche Bergsteiger sind gleicher als andere – könnte man frei nach George Orwells Fabel „Animal Farm“ sagen. Eigentlich hatte die nepalesische Regierung erklärt, wegen der zuletzt stark gestiegenen Zahl von Corona-Infektionen vom 1. September an nur nepalesische Heimkehrer, Diplomaten und Mitarbeiter von UN-Hilfsorganisationen per Flugzeug ins Land zu lassen. Von ausländischen Touristen – und dazu zählen normalerweise auch Bergsteiger – war nicht die Rede. Die Herbstsaison im Himalaya schien damit so gut wie ad acta gelegt zu sein.
Doch in dieser Woche erklärte plötzlich ein Regierungssprecher in Kathmandu, eine 18-köpfige Expedition aus Bahrain habe ein Permit für den Achttausender Manaslu und – zwecks Akklimatisierung – für den Sechstausender Lobuche East nahe dem Mount Everest erhalten. Das Team der Royal Guard, der königlichen Garde Bahrains, werde Mitte September mit einem Charterflug in Kathmandu eintreffen, sich dann in eine einwöchige Quarantäne begeben und dann Richtung Berge aufbrechen.
Im nächsten Frühjahr auf den Everest
Das Permit läuft angeblich auf Scheich Nasser bin Hamad Al Khalifa, ein Mitglied der Königsfamilie Bahrains. Der 33-Jährige ist Chef der Royal Guard und soll höchstpersönlich die Mitglieder des Bergsteiger-Teams ausgewählt haben. Lobuche East und Manaslu sollen nur die Ouvertüre sein: für die große Oper im nächsten Frühjahr am Mount Everest. Seitdem das Projekt im April in Bahrain offiziell verkündet wurde, hat Scheich Nasser in Nepal auf gut Wetter gemacht. Er ließ Hilfsgüter für die von der Corona-Krise gebeutelten Nepalesen schicken. Der Veranstalter Seven Summit Treks verteilte die Lebensmittel in dem Himalaya-Staat und organisiert jetzt – kaum verwunderlich – auch die Expedition für die Bahrainer.
Menschenrechtsverletzungen in Bahrain
Scheich Nasser ist der viertgeborene Sohn des Königs von Bahrain, Hamad bin Isa Al Khalifa. Er ist Chef des Nationalen Olympischen Komitees des Golfstaats und hat ein Faible für Radsport und Triathlon. Eine mehr als unrühmliche Rolle soll Scheich Nasser nach Angaben von Menschenrechts-Organisationen wie Amnesty International während des „Arabischen Frühlings“ 2011 gespielt haben. Ihm wurde vorgeworfen, Folter nicht nur angeordnet, sondern selbst inhaftierte Oppositionelle geschlagen zu haben. Ein britisches Gericht hob 2014 wegen der Vorwürfe die diplomatische Immunität Scheich Nassers auf, in der Presse wurde er „Folter-Prinz“ genannt.
Die deutsche Bundesregierung bezeichnete die Menschenrechtslage in Bahrain noch im vergangenen Frühjahr als „besorgniserregend“. Meinungs-, Presse- und Versammlungsfreiheit seien „gravierend“ eingeschränkt, hieß es. Oppositionelle würden willkürlich verhaftet.
Sportswashing
Erfolgreiche Achttausender-Expeditionen würden gut ins Konzept des so genannten „Sportswashing“ passen, das Golfstaaten wie Bahrain oder auch Katar seit einigen Jahren betreiben: Mit sportlichen Highlights wollen sie von der problematischen Menschenrechtslage in ihren Ländern ablenken.
Für Nepal ist Bahrain ein wichtiger Partner in der Golfregion. Mehr als 35.000 Gastarbeiter aus dem Himalayastaat verdienen dort ihr Geld, meist in Niedriglohn-Jobs, etwa im Straßenbau oder als Hausangestellte.
Ob Scheich Nasser ein paar Pedro-Dollars draufgelegt hat, um an die Expeditionspermits zu kommen? Ganz abwegig erscheint das nicht. Geld macht zuweilen auch manche Bergsteiger gleicher.
Naja das kann man sehen wie man möchte, aber die Expedition würde wenigstens etwas Geld nach Nepal bringen…
Kritscher sehe ich das sich viele Triathleten wie Jan Frodeno, die genug Geld verdienen von Bahrain sponsoren lassen.