Und wieder ist einer der Großen des Bergsports von uns gegangen. Der legendäre schottische Bergsteiger Hamish MacInnes ist am Sonntag im Alter von 90 Jahren in seinem Heimatort Glencoe in den schottischen Highlands gestorben.
Schon mit 16 Jahren bestieg er das Matterhorn. 1953 reiste Hamish mit seinem schottischen Kletterpartner John Cunningham nach Nepal. Ihr Ziel: die Erstbesteigung des Mount Everest. Es sei ein „verwegenes Zwei-Mann-Projekt“ gewesen, erinnerte sich MacInnes später: ohne Visum, ohne Permit, mit so gut wie leerem Geldbeutel. Die beiden wollten sich von Lebensmitteln ernähren, die eine Schweizer Expedition beim gescheiterten Versuch 1952 zurückgelassen hatte. Als MacInnes und Cunningham am Everest eintrafen, mussten sie feststellen, dass Edmund Hillary und Tenzing Norgay ihnen mit der Erstbesteigung zuvorgekommen waren. Die Schotten versuchten sich am vis-à-vis gelegenen, damals noch unbestiegenen Siebentausender Pumori, mussten jedoch 400 Meter unterhalb des Gipfels wegen zu hoher Lawinengefahr umkehren.
Dreimal an der Everest-Südwestwand
In den 1970er Jahren – MacInnes gehörte längst zu den stärksten britischen Bergsteigern, zahlreiche Erstbegehungen gingen auf sein Konto – nahm er an drei Expeditionen zur mächtigen, extrem schwierigen Südwestwand des Mount Everest teil. Im Frühjahr 1972 erreichte Hamish als Mitglied einer von Karl Herrligkoffer organisierten deutschen Expedition eine Höhe von 7900 Metern. MacInnes verließ das Team vorzeitig, weil er sich in ihm nicht angenommen fühlte.
Im Herbst desselben Jahres war er wieder zurück, in einer britischen Mannschaft, die von Chris Bonington geleitet wurde. Auch diese Expedition scheiterte, diesmal stieg MacInnes bis auf 8075 Meter. Als die Südwestwand schließlich im Herbst 1975 erstmals gemeistert wurde – von Doug Scott und Dougal Haston – war MacInnes stellvertretender Expeditionsleiter neben Bonington.
Hamish nahm an über 20 Expeditionen teil, nicht nur im Himalaya, sondern auch in Neuseeland, im Kausasus oder in Südamerika. Zudem betreute er mehrere Hollywood-Bergsteigerfilme, als Schauspieler-Double oder Experte für die Sicherung am Berg.
Erfindergeist
In seiner Heimat gilt Hamish MacInnes als „Vater der schottischen Bergrettung“. So gründete er einen Lawinen-Informationsservice und eine Organisation, die Such- und Rettungshunde ausbildete. Die von ihm entworfene „MacInnes Rettungstrage“ ist weltweit bei der Bergrettung im Einsatz. MacInnes entwickelte auch den ersten Eispickel, der vollständig aus Metall bestand und war später am Design der heute üblichen Eisgeräte mit beteiligt.
Warum er dem Bergsteigen verfallen sei, wurde MacInnes einmal gefragt. „Zweifellos der Freiheit wegen“, antwortete Hamish: „Das Klettern begann für mich, wie für die meisten, mit dem Streben nach Vergnügen. Und es entwickelte sich gewissermaßen zu einer Lebensform.“