Internationaler Tag der Berge – der Hilferuf des Everest-Gletschers

Südseite des Mount Everest mit dem Khumbu-Gletscher
Südseite des Mount Everest mit dem Khumbu-Gletscher (2002)

 Die Schere zwischen dem, was in Zeiten des Klimawandels nötig wäre, und dem, was wirklich umgesetzt wird, geht weit auseinander. „Über 311 Millionen Bergbewohner in Entwicklungsländern leben in Gebieten, in denen das Land kontinuierlich verödet. 178 Millionen von ihnen können sich möglicherweise bald nicht mehr ausreichend ernährend“, lassen die Vereinten Nationen zum heutigen Internationalen Tag der Berge wissen.  „Wir müssen unseren CO2-Fußabdruck verringern und uns um diese Naturschätze kümmern.“

Die Realität sieht anders aus. Bei der UN-Klimakonferenz (COP 28), die am morgigen Dienstag zu Ende geht, zeichnet sich ein Veto der Organisation erdölexportierender Länder (OPEC) ab – gegen alle Formulierungen, die auf weniger fossile Brennstoffe abzielten, da „der unangemessene und unverhältnismäßige Druck“ einen Wendepunkt „mit unumkehrbaren Folgen erreichen könnte“, wie es in einem Schreiben von OPEC-Generalsekretär Haitham al-Ghais an alle Mitglieder des Ölkartells hieß. Vielleicht sollte man die Ölscheichs mal in den Himalaya schicken, damit sie sich einen Eindruck von den schon jetzt offenkundigen Folgen des Klimawandels auf die Bergregionen machen können.

Rasante Gletscherschmelze

So hieß es in einer im vergangenen Sommer veröffentlichten Studie des Internationalen Zentrums für integrierte Entwicklung in Bergregionen (ICIMOD) , dass die Gletscher im Hindukusch, Karakorum und Himalaya bis zum Jahr 2100 voraussichtlich um 30 bis 50 Prozent schrumpfen – bei einem Temperaturanstieg zwischen 1,5 und zwei Grad Celsius im Vergleich zur vorindustriellen Zeit. Aktuell gehen Wissenschaftler davon aus, dass die Temperaturen bis zum Ende des Jahrhunderts sogar um 2,4 bis 2,7 Grad Celsius steigen könnten. Auch eine in der vergangenen Woche veröffentlichte Studie aus dem Everest-Gebiet sollte alle Alarmglocken schrillen lassen – auch wenn sie auf den ersten Blick wie ein Schimmer der Hoffnung in der düsteren Welt der Klimawandel-Prognosen erscheinen mag.

Fallwinde im Everest-Tal

Forschungsstation "Pyramid" im Everest-Tal
Forschungsstation „Pyramid“ im Everest-Tal

Ein internationales Forschungsteam unter Leitung der Italienerin Francesca Pellicciotti wertete die Wetterdaten aus, die in den vergangenen knapp drei Jahrzehnten in der Nähe der „Pyramide“ gesammelt worden waren. Die Forschungsstation wurde 1990 nahe der Siedlung Lobuche im Everest-Tal auf rund 5000 Metern errichtet. Trotz Klimawandel blieben die Werte im Tal des Khumbu-Gletschers an der Bodenoberfläche seit 1994 überraschend stabil. Die Erklärung der Wissenschaftler: Die Gipfel erwärmen sich schneller. Die Gletscher reagieren auf die steigenden Temperaturen der Umgebungsluft, indem sie ihren Temperaturaustausch mit der Oberfläche verstärken. Es entstehen kalte Fallwinde, sogenannte katabatische Winde, die die Berghänge hinabwehen und die unteren Teile der Gletscher abkühlen.

Keine Alternative zu weniger CO2-Ausstoß

„Das Phänomen könnte dazu beitragen, den Permafrost und die umliegende Vegetation zu erhalten“, sagt Nicolas Guyennon, der dem Forschungsteam angehörte. „Während andere Gletscher derzeit dramatische Veränderungen erleben, sind die Gletscher im asiatischen Hochgebirge sehr groß, enthalten mehr Eismassen und haben eine längere Reaktionszeit. Daher haben wir vielleicht noch eine Chance, diese Gletscher zu ‚retten'“, erklären die Wissenschaftler. Das könne jedoch nur gelingen, wenn der Ausstoß von CO2 drastisch reduziert werde.

Die katabatischen Winde sorgen nämlich auch dafür, dass sich die Niederschläge in tiefere Regionen verlagern. Damit fehlt den ohnehin schon schmelzenden Gletschern der Nachschub an Masse. Die vermeintlich kühlen Temperaturen, die von den Gletschern herabfließen, seien also eher eine Notfallreaktion auf die globale Erwärmung als ein Indikator für die langfristige Stabilität der Gletscher.

Mich erinnern die kalten Fallwinde am Everest an das Phänomen der Notblüte von Pflanzen, die unter Stress geraten – wie ein verzweifelter Hilferuf der Gletscher in höchster Not. Ich fürchte, dass die Entscheidungsträger bei der Weltklimakonferenz in Dubai auf dem Berg-Ohr taub sind. Hört hin, verdammt noch mal!

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