Maurizio Folini: „Ein Danke des Geretteten ist die schönste Wertschätzung“

Rettungshubschrauber am Everest

Heimliche Helden. Es gibt Akteure am Mount Everest, die jeder kennt und schätzt, aber über die kaum jemand redet. Wie die „Icefall Doctors“, jene hochspezialisierten Sherpas, die alljährlich den  Weg durch den gefährlichen Khumbu-Eisbruch einrichten und über die gesamte Saison hinweg instand halten. Oder auch Maurizio Folini und Lakpa Norbu Sherpa, die mit ihrem rot-weiß-blau lackierten Hubschrauber des Unternehmens „Kailash Helicopter Services“ immer dann aufsteigen, wenn es gilt, in Not geratene oder auch ums Leben gekommene Bergsteiger vom Everest zu bringen. Der 53 Jahre alte Italiener und der 38 Jahre alte Nepalese sind seit langem ein eingespieltes Team. Auch in der abgelaufenen Saison haben sie die meisten Rettungsflüge gemeinsam absolviert.

Maurizio fliegt seit 2011 regelmäßig Einsätze im Himalaya. Lakpa Norbu wurde in der Schweiz als Hubschrauber-Retter ausgebildet. Er ist ein echter Spezialist, wenn es darum geht, Verletzte, Kranke oder auch Tote am langen Seil abzutransportieren. Maurizio Folini hat sich nach seiner Rückkehr aus dem Himalaya die Zeit genommen,  meine Fragen zu beantworten. Ich weiß das zu schätzen, denn Zeit hat Maurizio selten. Inzwischen fliegt er wieder in der Schweiz.

Maurizio, die Everest-Saison liegt hinter dir. Auf wie viele Flugstunden und wie viele Rettungseinsätze bist du gekommen?

Maurizio Folini (l.) und Lakpa Norbu Sherpa

Es waren ungefähr 150 Flugstunden in rund sechs Wochen, allerdings waren darunter auch viele Unterlast-Trainingsflüge (die Kast hängt an einem Haken unter dem Hubschrauber) mit Dilip, einem jungen nepalesischen Piloten, der bei „Kailash“ arbeitet. Ich selbst bin 47 Rettungseinsätze über 6400 Metern geflogen, einige waren auch Rettungen am langen Seil aus einer Höhe von etwa 7000 Metern.

Am Everest gab es in diesem Frühjahr elf Tote – und das ohne Naturkatastrophe. Wie siehst du als Retter diese Bilanz?

Rettung am langen Seil

In dieser Saison war es windiger, entsprechend niedriger waren auch die Temperaturen, es war kälter als in anderen Jahren. Dazu kommt, dass die „Everest-Gäste“ nicht immer gleich gut vorbereitet für einen solchen Berg sind. Bei gewissen Expeditionsanbietern ist zudem die Flaschensauerstoff-Logistik nicht immer optimal. Diese und andere Faktoren haben zu der relativ hohen Zahl an Opfern geführt. Die Sherpas haben die Leichen bis Lager 2 (auf 6550 Metern) heruntergebracht, von dort haben wir sie mit dem Heli zum Everest-Basislager und dann weiter nach Lukla geflogen.

Am Makalu ist ein Sherpa bei der Bergung eines toten Bergsteigers ums Leben gekommen. Wie viel Risiko müsst ihr eingehen?

Der Sherpa am Makalu ist nahe Lager 2 (auf 6600 Metern) gestorben. Ich denke, es handelte sich um ein gesundheitliches Problem. Das hat nichts mit dem Risiko zu tun, dass wie als Retter eingehen.

Erstversorgung im Basislager

Erfahrt ihr deiner Meinung nach ausreichend Wertschätzung für euren riskanten Einsatz?

Wir sind alle Profis – die Piloten, die Rettungssherpas und auch alle anderen involvierten Personen. Es ist unser Job, den wir freiwillig gewählt haben. Und wir versuchen immer, unser Bestmögliches zu geben. Die schönste Wertschätzung ist es, wenn ein Geretteter dir die Hand gibt und Danke sagt.

2018 wurde über massiven Versicherungsbetrug durch Schummel-Rettungsflüge berichtet. Hat sich die Situation aus deiner Sicht verbessert?

Rettung ist Teamarbeit

Es ist viel, viel besser geworden. Alle meine Patienten wurden entweder im medizinischen Zelt der HRA (Himalayan Rescue Association) im Everest-Basislager oder im Krankenhaus in Lukla untersucht. Erst danach wurde zusammen mit den Verantwortlichen der Versicherungen entschieden, wie es weitergehen sollte. Wir müssen in jedem einzelnen Fall vor dem Flug eine Erlaubnis der Flugplatz-Behörde von Lukla vorweisen und auch ein Foto des Patienten liefern. Es läuft jetzt genau so, wie ich es mir immer gewünscht habe. Allerdings wäre es gut, wenn der ganze bürokratische Apparat etwas schneller funktionieren würde, damit wir nicht – wie im Falle der Rettung an der Annapurna – einen sehr entscheidenden Tag verlieren.

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