Wird Nirmal Purja in Nepal vom Volkshelden zur unerwünschten Person? Rajendra Bajgain, Mitglied der oppositionellen Kongresspartei, forderte im Parlament in Kathmandu, Purja künftig die Einreise zu verweigern. Der in England lebende Bergsteiger diffamiere Nepal, indem er Bergsteigerinnen sexuell belästige, sagte Bajgain. Der Politiker bezog sich auf einen Artikel der „New York Times“ von vergangener Woche. Darin erheben zwei Bergsteigerinnen schwere Vorwürfe gegen Purja.
Lotta Hintsa, Bergsteigerin und Model aus Finnland, beschuldigte den nepalesischen Bergsteiger-Star, sie im vergangenen Jahr in einem Hotelzimmer in Kathmandu sexuell bedrängt zu haben. Er habe gegen ihren Willen damit begonnen, sie auszuziehen und sich dann in ihrer Gegenwart selbst befriedigt, sagte Hintsa. Die US-amerikanische Ärztin April Leonardo gab an, sie sei ebenfalls von Purja sexuell belästigt worden. Während einer Expedition 2022 zum K2, dem in Pakistan gelegenen zweithöchsten Berg der Erde, sei er in ihr Zelt gekommen, habe sie gegen ihren Willen geküsst und sexuell bedrängt. Leonardo war eine Kundin von Purjas Unternehmen Elite Exped.
Purja stritt via Instagram-Story die Vorwürfe „unmissverständlich“ ab: „Diese Behauptungen sind verleumderisch und falsch.“ Der Rucksackhersteller Osprey zog als erster Sponsor Purjas Konsequenzen aus der Affäre. Der Bergsteiger sei nicht länger Markenbotschafter, ließ das US-Unternehmen in einem Instagram-Kommentar wissen.
Über zwei Millionen Instagram-Follower, britischer Ritterorden
Purja hatte 2019 weltweit für Schlagzeilen gesorgt, als er die 14 Achttausender innerhalb von nur sechs Monaten bestiegen hatte – mit Flaschensauerstoff, einem starken Sherpa-Team an seiner Seite, auf den Normalrouten und indem er Hubschrauber benutzte, um möglichst schnell von einem zum nächsten Berg zu gelangen. Zum Vergleich: Reinhold Messner hatte 16 Jahre gebraucht. Der Südtiroler war 1986 der erste Mensch auf allen Achttausendern gewesen. Er hatte die höchsten Berge der Welt in kleinen Teams, ohne Atemmaske und größtenteils auf neuen Routen bestiegen.
2021 war Nims auch an der Wintererstbesteigung des K2 beteiligt, nach eigenen Angaben verzichtete er dabei auf Flaschensauerstoff. Der im selben Jahr erschienene Netflix-Dokumentarfilm „14 Gipfel – Nichts ist unmöglich“ hatte für zusätzliche Popularität Purjas gesorgt. Auf Instagram hat der 40-Jährige mehr als zwei Millionen Follower.
Der nepalesische Bergsteiger ist ein früherer Elitesoldat des traditionsreichen britischen Gurkha-Regiments. Dort verdienen seit gut 200 Jahren nepalesische Soldaten ihr Geld. Purja lebt mit seiner Ehefrau und seiner Tochter in der Grafschaft Hampshire im Südosten Englands. 2018 ehrte ihn die damalige Königin Elizabeth II. wegen seiner Verdienste um das Höhenbergsteigen mit einem britischen Ritterorden.
Andere Expeditionsveranstalter gehen auf Distanz zu Purja
Mehrere westliche kommerzielle Expeditionsveranstalter gingen auf Distanz zu Purja. „Wir sind schockiert und tief traurig“, verkündete der österreichische Anbieter Furtenbach Adventures auf Instagram. „Eines der wichtigsten Vorbilder in dieser Gemeinschaft (der Bergführer im Höhenbergsteigen) wird von mehreren Frauen glaubhaft der sexuellen Nötigung beschuldigt. Wir verurteilen ein solches Verhalten unmissverständlich und bekräftigen, dass es in unserer Gemeinschaft keinen Platz hat.“
Sexuelle Übergriffe seien „eine Gefahr, die wir nicht einfach nur eindämmen können“, schrieb Adrian Ballinger, Chef des US-Veranstalters Alpenglow Expeditions. „Wir müssen gemeinsam sicherstellen, dass wir dazu eine Null-Toleranz-Einstellung haben.“ Der Artikel der New York Times zeige, dass „dies nicht das erste oder einzige aktuelle Beispiel für ein solches Verhalten in der Klettergemeinschaft. Wir müssen es besser machen.“
Ähnlich äußerte sich der neuseeländische Expeditionsanbieter Adventure Consultants auf Instagram. Man unterstütze diejenigen, die nun ihre Geschichten „mit Verletzlichkeit und unglaublicher Tapferkeit“ erzählt hätten und auch jene, die ähnliches zu berichten hätten: „Lasst uns als Branche zusammenkommen, um die Verantwortlichkeit zu erhöhen und die Berge zu einem Ort der Gleichstellung und Inklusion für alle zu machen.“
Nur die Spitze des Eisbergs?
Offenbar ist eine #MeToo-Debatte im Bergsport überfällig. Das legt die Instagram-Botschaft von AW Expeditions, einem US-Anbieter von Frauen für Frauen, nahe: „Leider können wir auf der Grundlage vieler informeller Gespräche mit Sicherheit sagen, dass dieser öffentlichkeitswirksame Fall nur die Spitze des Eisbergs eines systemischen Problems im Bergsport ist.“
Darauf macht auch die renommierte US-Bergsteigerin Melissa Arnot aufmerksam. „Flirte zurück oder werde ausgeschlossen. Mache mit und verursache keine Probleme“, beschreibt die 40-Jährige ihre ersten Erfahrungen als junge Bergführerin. „Ein Vorgesetzter nannte mich das ‚Gesamtpaket‘, als er den Kunden erklärte, warum es in Ordnung sei, sich mit einer jungen, kleinen Frau anzuseilen. Und ich habe gelächelt und meine Rolle gespielt.“ Arnot bestieg sechsmal den Mount Everest, einmal ohne Flaschensauerstoff.
Update 5. Juni: Derweil verurteilte ein Gericht in Sacramento im Bundesstaat Kalifornien den 40 Jahre alten US-Profi-Felskletterer Charles Barrett wegen mehrfachen sexuellen Missbrauchs von Frauen im Yosemite-Nationalpark zu einer lebenslangen Haftstrafe. „Er nutzte seinen Status als prominenter Kletterer aus, um Frauen in der Klettergemeinde zu vergewaltigen. Als seine Opfer darüber zu sprechen begannen, reagierte Barrett, indem er ihnen öffentlich drohte und sie einschüchterte“, sagte Staatsanwalt Phillip A. Talbert. „Dieser Fall ist ein Beweis für den Mut der Opfer, die diese Verbrechen angezeigt haben. Die US-Staatsanwaltschaft wird auch weiterhin Gewaltverbrechen in Nationalparks wie dem Yosemite untersuchen und strafrechtlich verfolgen.“
Warum wundert mich nichts in diesem Artikel. Der größte Clown an den hohen Bergen. War er überhaupt schon mal ohne Zusatz-O2 an einem Achttausender?! Ich bezweifle es, glaubwürdig ist er nicht und wer sieht schon ob jemand unter Zusatz-O2 im Zelt rastet/schläft dann aber ohne Maske aufsteigt und behauptet er habe das by fair means gemacht. Ein riesengroßer Unterschied!
Peter Habeler war von ServusTV käuflich und äußerte sich ausgesprochen wohltuend dem Nimsdai gegenüber. Reinhold Messner hingegen äußerte sich stets zurückhaltend. Das kann auch mal erwähnt werden.
Jemand der auf Jagd nach world records im Bergsport ist hat die Essenz vom Bergsteigen nicht verstanden!
„Jemand der auf Jagd nach world records im Bergsport ist hat die Essenz vom Bergsteigen nicht verstanden!“
Hier würde ich gerne widersprechen. Machen wir uns doch nichts vor. In einem Sport, der massgeblich von Erstbegehungen geprägt ist, geht es doch zwangszweise immer auch um Rekorde. Der Erste, die Schnellste, die anspruchvollste Route, ohne O2, ohne Seil, ohne Beta, usw usf. Selbst „Abenteuer-Berg“ berichtet in der Regel nicht vom Klärli, das mit O2-Maske und 300 weiteren auf dem Gipfel des Everest stand, sondern vornehmlich von jenen krassen Typen, die irgendwelche neue Routen erschliessen. Daran ist ja auch absolut nichts auszusetzen. Und Nims treibt das Ganze sicherlich auf die Spitze. Aber so zu tun, als ginge es im Bergsport nicht auch um Rekorde und Leistungen, ist m. E. ziemlich unreflektiert.
Ja stimmt kann man so sehen wenn man all das was auf Instagram stattfindet ausblendet. Wer aber auch auf Insta dem „Bergsteigergeschehen“ und damit den erwähnten Protagonisten folgt wird schnell feststellen das ein (guiness) world record noch lange nichts mit einer außergewöhnlichen physischen Leistung zu tun hat. Mag sein das der ein oder andere Profi-Alpinist heute erstrebt ist einen Piolet d’or zu ergattern (wobei selbst dieser Preis teilweise umstritten ist und auch schon Alpinisten die Auszeichnung ablehnten). Von all diesen hab ich aber noch nie etwas von einem world record gelesen. Dieses Phänomen (guiness) world records im Bergsteigen zu definieren – ganz bewusst definieren – ist noch nicht so alt. Und mein Kommentar bezog sich auf all diejenigen die sich mit diesen (guiness world record) Titeln schmücken.