Kammerlander: „Kobusch hat am Everest keine Chance“

Hans Kammerlander auf der ISPO

„Im Winter braucht es viel Mut und Leidensfähigkeit. Das Riskio ist viel höher“, antwortet mir Hans Kammerlander, als wir uns am vergangenen Sonntag auf der Sportartikelmesse ISPO in München treffen. Ich habe ihn gefragt, was das Winterbergsteigen an den Achttausendern so besonders macht. „Die Achttausender können wegen der Höhe auch im Frühjahr schon sehr kalt sein“, fährt Hans fort. „Aber im Winter ist es manchmal doppelt so kalt. Dazu liegt der Jetstream tiefer, die Winde treffen die Berge zum Teil brutal. Alles wird mühsam, allein schon das Atmen wird schwerer in dieser Kälte.“

Hartes Höhenbergsteigen

Der 63-Jährige, der zwölf der 14 Achttausender bestiegen hat, weiß, wovon er spricht. Mit Reinhold Messner versuchte er sich zweimal im Winter an Achttausendern, 1982 am Cho Oyu und 1986 am Makalu. Beide Male scheiterten die Südtiroler – zu viel Schnee, zu hohe Lawinengefahr, Stürme. „Da gab es Spezialisten, die uns im Winter überlegen waren. Die Polen, die Russen“, erinnert sich Hans. „Ich glaube, wir waren die besseren Kletterer, aber sie waren härter und leidensfähiger und haben tolle Sachen gemacht, die ich sehr bewundere.“ Mit Interesse verfolgt Kammerlander auch die aktuellen Winterexpeditionen im Himalaya und Karakorum. „Das ist hartes Höhenbergsteigen“, sagt Hans.

Hummeln im Hintern

Jost Kobusch im Everest-Basislager

Am Mount Everest hat sich Jost Kobusch heute erneut auf den Weg vom Basislager Richtung Lho La gemacht, dem rund 6000 Meter hohen Pass zwischen Nepal und Tibet. „Sollte es mit dem Wetter passen, wollte ich eigentlich am Donnerstag wieder aufsteigen. (Ich) Habe aber einfach zu viele Hummeln im Hintern und bin heute schon wieder los“, schreibt Jost auf Facebook. Der 27 Jahre alte deutsche Bergsteiger will vom Lho La aus über den Westgrat und das Hornbein-Couloir in der Nordwand zum Gipfel auf 8850 Metern aufsteigen – solo und ohne Flaschensauerstoff. Hans Kammerlander ist skeptisch. „Ich bewundere es, wenn jemand ein solches Projekt anpeilt“, sagt Hans. „Ich wünsche ihm natürlich, dass er gesund zurückkommt, aber ich glaube, er hat keine Chance. Das ist zu hoch gegriffen.“ 

Zu viel vorgenommen

Das gelte seiner Meinung nach auch für das inzwischen gescheiterte Winterprojekt des Italieners Simone Moro und der Südtirolerin Tamara Lunger. Die beiden hatten die von Messner und Kammerlander im Sommer 1984 realisierte Doppelüberschreitung der Achttausender Gasherbrum I und II im Karakorum erstmals wiederholen wollen – und das in der kalten Jahreszeit. „Ich habe von vornherein gesagt: Das geht nicht zu zweit im Winter, auch wenn das Wetter noch so gut ist“, erklärt Hans.

K2 ist dran

John Snorri Sigurjonsson in Lager 1

Bessere Chancen sieht er für das Team des nepalesischen Expeditionsleiters Mingma Gyalje Sherpa, das sich die erste Winterbesteigung des K2 vorgenommen hat. Nach Angaben des Isländers John Snorri Sigurjonsson deponierten er und andere Teammitglieder auf der Route über den Abruzzensporn inzwischen 250 Kilogramm Ausrüstung und kehrten anschließend wieder ins Basislager zurück.

Der zweithöchste Berg der Erde ist der einzige Achttausender, der bisher noch nie im Winter bestiegen wurde. „Der K2 ist einfach dran. Es wundert mich, dass er noch nicht im Winter gemacht worden ist“, sagt Kammerlander. „(Krzysztof) Wielicki und sein Team (im Winter 2018) waren in meinen Augen die richtigen. Den Polen hat das Quäntchen Glück gefehlt. Aber der K2 wird bald im Winter bestiegen, ganz klar.“

Update 29. Januar: Jost Kobusch ist heute wieder ins Everest-Basislager zurückgekehrt.

5 Antworten auf „Kammerlander: „Kobusch hat am Everest keine Chance““

  1. Viele schaffen es nicht mal auf einen 1000 m oder 2000m hohen Berg. Da ist es schade um Leute wie David Lama, wo es in kleinen Bergen schon viel zu zeigen gäbe. Schöne Rhododendrenwälder…

  2. Grundsätzliche Fragen: warum wird ein Mensch wie Hans Kammerlander überhaupt zur ISPO eingeladen? Abgesehen von seinen früheren alpinistischen Leistungen ist er jetzt einfach das Letzte, weil er mit knapp 1,6 Promille Alkohol im Blut einen tödlichen Verkehrsunfall verursacht hatte u lediglich eine bedingte Strafe erhielt. Bitte schaut euch auf YouTube das Video von der gebrochenen Mutter u Schwester des tödlichen verunglückten Jungen Mannes an, dann wisst ihr was kammerlander unentschuldbares getan hat. Ihm gebührt einfach kein Respekt mehr. Andreas

    1. Ich denke, jeder Mensch verdient Respekt. Und ich denke, dass er an seiner Schuld schwer trägt. Er kann seinen Fehler ja nicht rückgängig machen. Das hat mir Kammerlander dazu in einem Interview vor zweieinhalb Jahren gesagt: „Wenn du einen Fehler machst, dann willst du ihn ja nicht machen. Dann ist er passiert, und du musst versuchen, damit zu leben. Natürlich weiß niemand auf der Welt, wie vielen Leuten ich bei Einsätzen als Bergrettungsmann das Leben gerettet habe. Und dann machst du einen Fehler, und dir wird nicht alle Schuld, aber ein Großteil der Schuld zugewiesen. Es war ungewollt, und auch damit musst du leben können. Das ist schwer. Wenn du einen Fehler gemacht hast, und es passiert etwas Dramatisches, das ist sehr, sehr, sehr hart. Weil du kein Guthaben bei der Öffentlichkeit hast. Da wirst du als bekannte Person auf diesen Fehler reduziert. Das ist sehr, sehr bitter.“

  3. Respekt vor jedem der sein Leben als Abenteurer riskiert um davon zu leben. Als solcher Mensch bist du danach der Presse und dem gesellschaftlichen Ups and Downs ausgesetzt und da einen Fehler und eine falsche Selbsteinschätzung zu machen, ist oft gefährlicher als in der Wand mitn Seil….

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