Lhakpa Sherpa: „Zahl der Everest-Bergsteiger wird abnehmen“

Lhakpa Sherpa

Als Tellerwäscherin auf den höchsten Berg der Welt. Lhakpa Sherpa hat das nicht nur einmal geschafft. Mit neun Aufstiegen steht die 46-Jährige als erfolgreichste Everest-Bergsteigerin im Guinness-Buch der Rekorde. In diesem Frühjahr will sie Gipfelerfolg Nummer zehn folgen lassen. Bei ihrem ersten im Jahr 2000 von der nepalesischen Südseite aus war Lhakpa die erste Frau aus Nepal, die den Everest bestieg und lebend zurückgekehrte – Pasang Lhamu Sherpa, 1993 die erste Nepalesin auf dem höchsten Punkt der Welt, starb beim Abstieg. Die acht weiteren Everest-Erfolge gelangen Lhakpa von der tibetischen Nordseite aus.

Die Sherpani  lebt in West Hartford im US-Bundesstaat Connecticut. Zwölf Jahre lang war Lhakpa mit dem in Rumänien geborenen neunmaligen Everest-Besteiger George Dijmarescu verheiratet. Die Ehe endete in einem Rosenkrieg. Ein US-Gericht sprach Lhakpa schließlich nach der Scheidung das Sorgerecht für die gemeinsamen Kinder zu. Ihr Sohn ist inzwischen volljährig, die beiden jüngeren Töchter leben noch bei ihr. Um den Lebensunterhalt zu verdienen, arbeitet Lhakpa Sherpa 40 Stunden pro Woche als Spülkraft in einem Supermarkt.

Lhakpa, du willst im nächsten Frühjahr zum zehnten Mal auf den Mount Everest steigen. Wieder über die Nordseite, wieder mit Flaschensauerstoff, mit oder ohne Kunden?

Mit ihren Urkunden aus dem Guinness-Buch der Rekorde

Diesmal werde ich über die nepalesische Südseite aufsteigen, mit Flaschensauerstoff und zwei Kameramännern für meinen Dokumentarfilm. Es sind noch Permits verfügbar, noch kann jeder meine Expedition begleiten.

Du bist eine allein erziehende Mutter von zwei Töchtern, hast einen 40-Stunden-Job in einem Supermarkt. Everest-Expeditionen werden immer teurer. Wie finanzierst du deine Expedition?

Ich spare mein Geld, halte Vorträge und sammle Spenden. Ich hoffe, dass ich bald in Vollzeit als Rednerin und Bergführerin arbeiten und meinen Job als Tellerwäscherin aufgeben kann.

Du stehst schon jetzt im Guinness-Buch der Rekorde als Frau mit den meisten Everest-Aufstiegen. Was treibt dich an, immer und immer wieder zum höchsten Berg der Erde zurückzukehren?

Ich bin süchtig nach Bergsteigen. Ich genieße, es zu tun, und ich fühle mich nach jedem Everest-Gipfelerfolg einfach großartig.

Lhakpas Tochter im Makalu-Basislager

Was sagen eigentlich deine Kinder zu deinen fortwährenden Everest-Abenteuern?

Meine Töchter unterstützen mich sehr. Im vergangenen August habe ich sie ins Makalu-Basislager mitgenommen, und sie fanden es toll.

Du hast 2018 „Cloudscape Climbing“ ins Leben gerufen, eine eigene Trekking- und Expeditionsagentur. Wie ist sie angelaufen? Glaubst du, eines Tages davon leben zu können?

Ich habe „Cloudscape Climbing“ gegründet, damit ich als Bergführerin arbeiten und so ein besseres Leben führen kann. Meinen Job als Spülkraft sehe ich nur als vorübergehend an, um meine Kinder durchzubringen. Jetzt sind sie fast erwachsen, und ich kann mich darauf konzentrieren, mein eigenes Unternehmen zu gestalten. Ich kenne die besten Sherpas, die wirklich ausgezeichnete Kletterer sind. Viele Agenturen heuern einfach jeden Sherpa an, selbst wenn er nicht so erfahren sein sollte. Eines Tages werde ich in der Lage sein, mich und meine Familie mit „Cloudscape Climbing“ finanziell über Wasser zu halten.

In den vergangenen Jahren ist die Zahl der nepalesischen Bergsteigerinnen gestiegen, die sich am Everest versuchen. Wie schätzt du diese Entwicklung ein?

Die Zahl der Bergsteigerinnen nimmt zwar zu, es handelt sich jedoch immer noch nur um einen kleinen Prozentsatz.

Sonnenaufgang am Everest

2019 gingen die Bilder des Staus auf dem Everest-Gipfelgrat um die Welt, es gab eine Rekordzahl von Besteigungen, aber auch elf Todesfälle – und eine Diskussion über die Situation am Everest? Was muss sich nach deiner Meinung am Everest ändern?

Die nepalesische Regierung setzt der Zahl der Bergsteiger, die zum Everest kommen, null Grenzen. Es geht ihr nur darum, so viele Permits wie möglich zu verkaufen. Alles andere ist für sie unwichtig. Die nächste Generation von Sherpas ist gebildeter und nicht mehr bereit, das Leben beim Bergsteigen zu riskieren. Das Durchschnittsalter der Sherpa-Guides steigt, in Zukunft werden immer weniger Sherpas am Berg führen. Doch ohne Sherpas kann niemand mehr (am Everest)  klettern, mit Ausnahme der erfahrensten Bergsteiger der Welt. Ich denke, die Zahl der Bergsteiger am Everest wird bald das Maximum erreichen, dann jedoch abnehmen, wenn die Bergführer älter werden. Junge Sherpas gehen jetzt zur Schule, nicht klettern.

2 Antworten auf „Lhakpa Sherpa: „Zahl der Everest-Bergsteiger wird abnehmen““

  1. Ganz tolles Interview und ein wunderbarer Einblick in das Leben von Lhakpa Sherpa. Ich hoffe sie wird mit ihrer eigenen Trekkingagentur erfolgreich und muss nicht mehr als Tellerwäscherin arbeiten!

  2. Was für ein krasser Kontrast wenn man das mit den männlichen (nicht Sherpa) Kollegen vergleicht… Ich glaube nicht mal, dass es wirklich daran liegt, dass sie eine Frau ist. Es wäre leicht zu sagen, dass sie als Mann ihre Ziele schon erreicht hätte, Männer bekommen schließlich keine Kinder. Aber je länger ich darüber nachdenke, ist es wohl einfach der fehlende Respekt den Sherpas gegenüber. Denn: Wenn man nicht gerade eine Agentur hat, die hunderte Summits im Jahr verzeichnet, oder 14 x 8K in einer Saison abkrackselt, ist es doch recht ruhig. Ich hoffe, dass die ganze Nims-Geschichte noch ein paar weiteren hilft, in den Fokus zu gelangen, ehe sie ausgeschlachtet ist.

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