„Ich setze keine große Hoffnung in die Herbstsaison“, sagt mir Ang Dorjee Sherpa. „Ich denke, nur einige wenige Trekkingtouristen werden auftauchen. Aber sie können gerne kommen, kein Problem.“ Dem 51-Jährigen gehört die „AD Friendship Lodge“ in Namche Bazaar, dem Hauptort der Region um den Mount Everest. „Vor fünf Tagen habe ich eine ausländische Familie getroffen, die wegen des Corona-Lockdowns drei Monate lang in Lukla festsaß„, erzählt der Sherpa. In den Tagen vor dem Lockdown hatte es von Lukla aus noch einige Flüge zurück nach Kathmandu gegeben. Nicht alle gestrandeten Touristen hatten offenbar Plätze bekommen.
Von der Regierung in Kathmandu gebe es noch keine Signale, wann der Lockdown enden könnte, so der Lodgebesitzer. „Wir machen keine Geschäfte, haben nichts zu tun. Aber so ergeht es ja derzeit den Menschen überall in der Welt.“ Viele Bewohner von Namche machten sich Sorgen um ihre Existenz, sagt Ang Dorjee. Ein weiteres Problem sei der Stillstand im Bildungswesen: „Die Schulen, die Colleges, die Universitäten, alles geschlossen.“
Lehrpersonal in Quarantäne
Laut Dr. Mingma Kancchi Sherpa haben die Behörden der Khumbu-Region inzwischen die Lehrerinnen und Lehrer an ihre Schulen zurückgerufen. Allerdings müssten sie ihre Gesundheit überprüfen lassen und noch drei Wochen zu Hause in Quarantäne bleiben. Die Sherpani arbeitet als Ärztin im Krankenhaus in Khunde, einem Dorf im Nachbartal von Namche Bazaar. Die kleine Klinik auf 3840 Meter Meereshöhe mit 15 Betten wurde 1966 vom Himalayan Trust gebaut, der Hilfsorganisation des Everest-Erstbesteigers Sir Edmund Hillary.
„Nur die Touristen fehlen“
„In der Khumbu-Region sind uns bisher keine Patienten mit Symptomen begegnet, die auf Covid-19 hindeuten“, schreibt mir Mingma Kancchi, verweist allerdings darauf, „dass wir keine Möglichkeit für Laboruntersuchungen (PCR-Tests) haben. Auch die saisonale Grippe hat im Vergleich zu früheren Jahren abgenommen.“ In der Statistik des nepalesischen Gesundheitsministeriums wurden in der Region Solokhumbu seit Ausbruch der Coronavirus-Pandemie zwei Fälle registriert, derzeit ist keiner aktenkundig.
„Das Leben in Khumbu läuft so wie in der Zeit vor dem Lockdown. Der einzige Unterschied ist, dass die Touristen fehlen“, antwortet die Sherpani auf meine Frage, wie die Menschen der Region mental mit der Corona-Krise klarkommen. „Wir sind in letzter Zeit keinen neuen Patienten mit psychischen Störungen begegnet. Nur die Menschen aus dem Khumbu, die in Kathmandu festsitzen, haben Probleme.“