Die chinesisch-tibetischen Behörden sind hart geblieben. Anders als 2019 beim nepalischen Star-Bergsteiger Nirmal Purja machten sie diesmal keine Ausnahme für die norwegische Achttausender-Jägerin Kristin Harila und ihre nepalesischen Mitstreiter Dawa Ongju Sherpa und Pasdawa Sherpa. Seit April hatte das Trio zwölf der 14 Achttausender bestiegen – wie Purja mit Flaschensauerstoff, auf den Normalrouten und mit dem Einsatz von Helikoptern, um von Basislager zu Basislager zu gelangen. Lediglich die Shishapangma und der Cho Oyu fehlten noch, um die Sammlung in Rekordzeit zu vervollständigen.
Doch die Normalrouten dieser beiden Achttausender liegen in Tibet. Und China hat seit Beginn der Corona-Pandemie keine Permits mehr für ausländische Bergsteigerinnen oder Bergsteiger ausgestellt. „Wir haben in diesem Prozess nichts unversucht gelassen und alle Möglichkeiten ausgeschöpft“, schrieb Harila auf Instagram, als sie Ende vergangener Woche ihre Achttausender-Jagd abbrach. „Leider konnten wir aus Gründen, die außerhalb unserer Kontrolle liegen, die Genehmigungen nicht rechtzeitig erhalten.“
Zuvor hatte sich Kristin der Gruppe des nepalesischen Bergführers Gelje Sherpa angeschlossen, um den Cho Oyu über die technisch anspruchsvollere nepalesische Südseite des Bergs zu besteigen. Doch wie schon im vergangenen Winter scheiterten Gelje und Co. auch in diesem Herbst bei seinem Versuch, eine für kommerzielle Teams taugliche neue Route auf den Cho Oyu zu eröffnen. Wieder spielte das Wetter nicht mit.
Signale für Öffnung Tibets
Im Frühjahr 2023 könnte die Permit-Flaute in Tibet für ausländische Bergsteigerinnen und Bergsteiger möglicherweise enden. „Wir können zwar noch nicht mit Sicherheit sagen, ob wir nächstes Jahr nach Tibet zurückkehren werden oder nicht“, schreibt der US-Anbieter Alpenglow Expeditions. „Aber wir erhalten von unseren Partnern eine Reihe positiver Hinweise darauf, dass die Nordseite des Everest wahrscheinlich für die Klettersaison 2023 geöffnet wird.“ Alpenglow war im Frühjahr 2019 letztmals auf der Nordseite des Everest gewesen, war aber im Gegensatz zu anderen Expeditionsveranstaltern nicht auf die nepalesische Südseite des Bergs ausgewichen.
Auch Furtenbach Adventures plant für nächstes Jahr die Rückkehr nach Tibet. „Endlich! Nach einer dreijährigen Pause führen wir unsere Everest-Expedition auf der Nordseite wieder durch“, verkündete der österreichische Anbieter. Auch der Veranstalter „Imagine Nepal“ rechnet zumindest mit einer Teilöffnung Tibets und hat eine Expedition für zehn internationale Kunden zur Shishapangma ausgeschrieben.
Noch nicht offiziell
Offiziell verkündet haben die Behörden die Öffnung der tibetischen Seiten von Everest, Shishapangma und Cho Oyu allerdings noch nicht. „Ich halte es für möglich, aber es ist noch nicht bestätigt“, lässt mich eine vertrauenswürdige Quelle in Tibet wissen. Die vergangenen Jahre haben gezeigt, dass man sich bei den Chinesen nie sicher sein kann, ob es am Ende nicht doch wieder anders kommt.
