„Wenn ich auf dem Everest bin, bin ich total fokussiert“, schreibt Rekordbesteiger Kami Rita Sherpa in seinem kleinen Buch „How to climb Everest“. Der 52-Jährige hat es einmal mehr getan, zum 26. Mal stand Kami Rita auf dem Dach der Welt. Am Samstag erreichte er – mit Flaschensauerstoff – als Chef eines elfköpfigen Teams von Climbing Sherpas den höchsten Punkt der Erde auf 8849 Metern.
Kami Rita und Co. legten die Fixseile bis zum Gipfel und bereiteten damit den Weg für die kommerziellen Expeditionsteams. In dieser Woche wird es am Mount Everest wohl die erste große Gipfelwelle geben.
Der deutsche Profi-Bergsteiger David Göttler übt sich derweil bei seinem dritten Everest-Anlauf ohne Flaschensauerstoff in Geduld. Es werde erstmal zu voll, schreibt mir der 43-Jährige. „Also warte ich.“
Colibasanus neunter Achttausender ohne Atemmaske
Weitere Gipfelerfolge wurden am vergangenen Wochenende vom Achttausender Kangchendzönga und vom Dhaulagiri gemeldet. Am Samstag erreichte der Rumäne Horia Colibasanu den 8586 Meter hohen Gipfel des Kangchendzönga, des dritthöchsten Bergs der Erde – ohne Flaschensauerstoff. Für den 45-Jährige war es der neunte Achttausender, den er ohne Atemmaske bestieg.
„Es war einer der schwierigsten Aufstiege. Er schien nie zu enden. Immer wenn ich den scheinbar höchsten Punkt erreicht hatte, tauchte ein weiterer auf“, berichtete Horia via Facebook. „Auf dem Gipfel wehte ein starker Wind, wahrscheinlich mit 70 bis 80 Stundenkilometern.“ Er habe nur einige wenige Fotos gemacht und sei dann abgestiegen, so Colibasanu. Seine beiden Mitstreiter, der Rumäne Marius Gane und der Slowake Peter Hamor, hätten vorher umgedreht, weil sie sich leichte Erfrierungen an ihren Nasen zugezogen hätten.
Ebenfalls am Samstag erreichte ein von Mingma Gyalje Sherpa angeführtes 13-köpfiges Team des Veranstalters Imagine Nepal nach eigenen Angaben (mit Flaschensauerstoff) den Gipfel. Mit dabei war auch der Pakistaner Sirbaz Khan, der als erster Bergsteiger seines Heimatlands nun auf zehn Achttausendern stand.
Carlos Soria dreht am Dhaulagiri erneut um
Am Sonntag vermeldete der Veranstalter 8K Expeditions einen Gipfelerfolg vom 8167 Meter hohen Dhaulagiri. Die Norwegerin Kristin Harila habe, begleitet von drei Sherpas, den höchsten Punkt erreicht – mit Flaschensauerstoff. Die 36-Jährige, eine frühere Skilangläuferin, hat sich vorgenommen, alle 14 Achttausender innerhalb von etwa einem halben Jahr zu besteigen – wie der Nepalese Nirmal Purja 2019,. Mit der Annapurna, deren Gipfel sie Ende April erreichte, und dem Dhaulagiri hat Kristin nun die ersten beiden Achttausender in Nepal „abgehakt“, Nummer drei soll in Kürze der Kangchendzönga werden.
Der 83 Jahre alte spanische Bergsteiger Carlos Soria brach derweil auch seinen zweiten Gipfelversuch dieser Saison am Dhaulagiri ab und stieg zum Basislager ab. Der Grund: für heute vorhergesagte starke Winde am Berg.
Todesfall am Everest, Nepalese am Lhotse vermisst
Am Mount Everest ist der zweite Todesfall der Saison zu beklagen. Der 55-Jahre alte russische Bergsteiger Pavel Kostrikin starb in Lager 1 auf rund 6100 Metern – offenbar an der Höhenkrankheit. Im April war der 38 Jahre alte Ngimi Tenji Sherpa im Khumbu-Eisbruch tot zusammengebrochen.
Wenig Hoffnung besteht, Khudam Bir Tamang noch lebend zu finden, der am Sonntag im Abstieg im unteren Bereich der Lhotse-Südwand von einer Lawine erfasst wurde. Im vergangenen Jahr hatte der 33-Jährige den Mount Everest bestiegen. Der nepalesische Bergsteiger gehörte zum Team der Climbing Sherpas, das ein achtköpfiges internationales Team um Sung Taek Hong unterstützt. Der 55 Jahre alte Südkoreaner versucht sich bereits zum siebten Mal an der 3300 Meter hohen, extrem anspruchsvollen Achttausender-Wand.