Vermisst, aber unvergessen. Vor fünf Monaten waren der Pakistaner Muhammad Ali Sadpara, der Isländer John Snorri Sigurjonsson und der Chilene Juan Pablo Mohr nicht von ihrem Winter-Gipfelversuch am K2 zurückgekehrt. Nach mehreren vergeblichen Suchaktionen aus der Luft waren die drei Bergsteiger 13 Tage nach ihrem Aufbruch für tot erklärt worden.
Vor zwei Wochen verabschiedete sich die Familie und Freunde Sigurjonssons in Island mit einem Gottesdienst von John Snorri.
Suche nach dem Vater
Die vergangenen Monate seien „sehr herausfordernd“ gewesen, schrieb Muhammads Sohn Sajid Ali Sadpara vor einigen Tagen auf Instagram. „Das Leben in der Zivilisation ist für einen Bergsteiger nicht einfach. Ich habe angefangen, mich lebendig zu fühlen, sobald ich wieder in den Bergen war.“
Zusammen mit dem kanadischen Bergsteiger und Filmemacher Elia Saikaly und dem Nepalesen Pasang Kaji Sherpa will Sajid im Gipfelbereich des K2 nach Spuren seines Vaters und der beiden anderen Vermissten suchen. Unterstützt werden sie unter anderen von Fazal Ali, einem pakistanischen Bergsteiger, der bereits dreimal den K2 bestiegen hat.
„Ich konnte nicht einfach nichts tun“
„Ich weiß, mein Vater lebt nicht mehr, aber ich möchte herausfinden, was ihm zugestoßen ist“, sagte der 22 Jahre alte Sajid, der den K2 im Sommer 2019 bestiegen hatte und zu dem Winter-Gipfelversuch vor einem halben Jahr mit aufgebrochen war. Weil sein Sauerstoffgerät nicht richtig funktioniert hatte, war Sajid auf Anraten seines Vaters umgekehrt.
Auch Elia Saikaly und Pasang Kaji Sherpa hatten ursprünglich mit aufsteigen wollen, um den Gipfelvorstoß zu filmen, waren aber wegen Problemen mit dem Flaschensauerstoff nicht über Lager 3 auf 7300 Metern hinausgekommen.
„Die Wahrheit ist: Ich konnte nicht einfach nichts tun“, schrieb Elia auf Instagram über seine Motivation, jetzt zum K2 zurückzukehren. „Das sind unsere Freunde. Das waren unsere Mannschaftskameraden.“
Tamara Lunger will Mohrs Projekt fortführen
Auch für die Südtiroler Bergsteigerin Tamara Lunger ist die Tragödie des vergangenen Winters am K2 noch nicht verarbeitet. Die 35-Jährige, die den zweithöchsten Berg der Erde ohne Sauerstoff besteigen wollte, hatte sich während ihrer Expedition mit dem Chilenen Juan Pablo Mohr zu einem Zweier-Team zusammengeschlossen. Auch sie war in Lager 3 umgekehrt.
„Was ein Tag großer Freude hätte sein können, war stattdessen der Tag, der alles veränderte, der wirklich schwierige Momente mit sich brachte, Schmerz und Traurigkeit“, schreibt Tamara auf Instagram. „Es fühlt sich an wie gestern und gleichzeitig wie eine Ewigkeit her.“
Tamara wird in den nächsten Tagen nach Pakistan zurückkehren, um eine Herzensangelegenheit Juan Pablos fortzuführen, das Hilfsprojekt „Climbing for a Reason“ im Norden Pakistan. Mohr hatte Kindern im Shigar-Tal das Bergsteigen beibringen wollen. „Ich kehre mit Freude und Angst zugleich zurück“, sagt Tamara Lunger vor dem Aufbrauch nach Pakistan. „Aber vor allem komme ich mit einem offenen Herzen und einer Mission zurück.“