Nach 8000er-Winterexpeditionen: Zufriedenheit und Zoff

Kobuschs Umkehrpunkt an der Everest-Westschulter

Ich mag Solo-Expeditionen. Sie sind sportlich anspruchsvoll und daher spannend. Und wenn das Ziel nicht erreicht wird, gibt es hinterher niemanden, dem der Abenteurer dafür die Schuld geben kann – außer der Natur oder sich selbst. Jost Kobusch hatte schon vor seiner Solo-Winterexpedition zum Mount Everest erklärt, dass es ihm in erster Linie darum gehe zu erkunden, ob sein Vorhaben realistisch sei, den höchsten Berg der Erde im Alleingang, ohne Flaschensauerstoff und auf einer ambitionierten Route zu besteigen. „Mein persönliches Ziel wäre es, eine Höhe von etwa 7200 Metern zu erreichen. Alles darüber wäre Bonus, der Gipfel sowieso“, hatte mir Jost vor der Abreise nach Nepal gesagt. Am Ende lag der Bonus bei 166 Metern.

Bei seinem letzten Versuch stieg der 27 Jahre alte Deutsche an der Everest-Westschulter bis auf 7366 Meter auf. Dass ihm dies trotz seines lädierten linken Fußes gelungen sei, mache ihn sehr glücklich, schrieb Kobusch, zurück in Kathmandu, auf Facebook.  „Manchmal muss man sich eben Zwischenziele setzen, um dem finalen Ziel näher zu kommen.“ 

„Chancen beim nächsten Mal größer“

Jost im Aufstieg

Er habe von vornherein gewusst, dass seine Chancen, den Gipfel zu erreichen,  gering gewesen seien:  „Aber gering heißt ja, dass sie vorhanden sind, richtig? 😉 Die mehrmaligen Aufstiege, die sich verändernden Wetterbedingungen, meine Fußverletzung und die anhaltenden Magenprobleme – alles Erfahrungen, die dazu beitragen, dass meine Chance auf den Gipfel beim nächsten Mal größer wird.“ Kobusch vermittelt den Eindruck, dass er auch ohne Gipfelerfolg zufrieden heimkehrt, mit sich und der Welt im Reinen. Das lässt sich von den Teilnehmern der gescheiterten Achttausender-Winterexpeditionen im Karakorum in Pakistan nicht unbedingt sagen.

„Partner sind wie Ballast“

Denis Urubko

Der Russe Denis Urubko verkündete nach seinem missglückten Versuch am Broad Peak nicht nur seinen Abschied vom extremen Expeditionsbergsteigen, sondern trat auch gegen seine Teamgefährten nach: frühere wie Simone Moro und den aktuellen, Don Bowie. „Partner sind wie ein Ballast. Wie Simone manchmal, wie die polnische Mannschaft (bei der Winterexpedition am K2)  im Jahr 2018, wie Don im vergangenen Winter“, schrieb der 46-Jährige auf seiner Homepage. „Ein guter Mensch zu sein, ist okay, aber es reicht nicht, um den Gipfel zu erreichen. Ich habe so oft wegen der Verantwortungslosigkeit anderer Leute gestoppt! Und ich ziehe es vor, meine Zeit jetzt für andere Aktionen zu nutzen.“

„Ha“

Don Bowie

Der Kanadier Don Bowie wählte bei seiner Replik eine feinere Klinge. „Ob wir es wahrnehmen oder nicht, wir verlassen uns in hohem Maße auf Menschen, die wir sehen und nicht sehen, auf Menschen in der Nähe und in der Ferne, auf Menschen, die wir anerkennen oder nicht anerkennen – und der Grad unserer Unwissenheit über diese unausweichliche wechselseitige Abhängigkeit ist direkt proportional zum Grad unseres eigenen persönlichen Ego und unserer Arroganz“, schrieb der 50-Jährige auf Instagram. Und bedankte sich am Ende höflich bei seinen Kletterpartnern Lotta Hintsa und Denis Urubko – „ungeachtet dessen, was Denis kürzlich über mich geschrieben hat, ha“.

Wie kommerziell war der K2-Versuch?

Mingma Gyalje Sherpa (r.) und sein K2-Team

Auch im Winter-Expeditionsteam des Nepalesen Mingma Gyalje Sherpa herrschte hinterher dicke Luft. Der Isländer John Snorri Sigurjonsson und der Slowene Tomaz Rotar warfen dem Expeditionsleiter vor, nicht wirklich an der erfolgreichen Winterbesteigung interessiert gewesen zu sein.  „Ich vermeide normalerweise den Begriff ‚kommerzielle Expedition“, weil mir noch niemand erklären konnte, warum einige Expeditionen die wahren, andere aber kommerziell sein sollen, obwohl doch alle die gleichen lokalen Träger und Sherpas über die gleichen lokalen Agenturen und das gleiche Militärpersonal benutzen“, schrieb Rotar in seinem Blog. „Bei dieser Expedition werde ich jedoch das Gefühl nicht los, dass sie wirklich nur den kommerziellen Zielen einiger Leute diente.“

Mingma Gyalje Sherpa ging in seiner Bilanz der K2-Expedition nicht auf die Kritik an seiner Expeditionsleitung ein. Er werde jedoch bei seinem nächsten Winterversuch am zweithöchsten Berg der Erde – frühestens in drei Jahren – nur mit einem rein nepalesischen Team an den Start zu gehen, schrieb Mingma auf Facebook.

Für den Winter 2020/21 kündigte der nepalesische Veranstalter Seven Summit Treks eine kommerzielle Expedition zum K2 an. Dann wird wahrscheinlich auch wieder ein polnisches Team versuchen, diesen Achttausender erstmals in der kalten Jahreszeit zu besteigen. Das riecht nach neuem Zoff. Möglicherweise wird dann auch wieder Jost Kobusch am Mount Everest unterwegs sein – allein mit sich und dem Berg beschäftigt.

Mingma Gyalje Sherpa

Update 6. März: Mingma Gyalje Sherpa hat auf die Kritik seiner Expeditionsmitglieder reagiert und den Vorwurf zurückgewiesen, es habe sich um eine kommerzielle K2-Expedition gehandelt. Er habe zahlreiche Anfragen potentieller Kunden, die mitkommen wollten, zurückgewiesen. schreibt mir Mingma: „Ursprünglich war es nur Johns und mein Plan, ich habe Gao Li als Kameramann dazu genommen, weil er sehr gute Videos und Bilder macht. Später habe ich noch Tomaz ins Team geholt, weil er Arzt war.“ 

Er habe die Expedition nicht leichtfertig beendet: „Als ich wegen meines ständigen Hustens aufgab und Gao Li wegen des lebensbedrohlichen Coronavirus nach Hause zurückkehren wollte, verloren andere Teammitglieder ihre Hoffnung. Für mich ist meine Gesundheit wichtig. Die ganze Expedition endete, als einer unserer Sherpas von einem Eisblock getroffen wurde und in die Gletscherspalte fiel.“

Die Kritik an ihm erklärt sich der Expeditionsleiter so: „Hat man Erfolg, versuchen die Leute, die Lorbeeren zu ernten, im Falle des Scheiterns  suchen sie jemandem, dem sie die Schuld dafür geben können.“

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