Simone Moro und Alex Txikon: Winterexpedition zum Manaslu

Simone Moro (r.) und Alex Txikon (l.), 2019 in Lhukla in Nepal

Als hätte Simone Moro meine Gedanken gelesen. Dieser Tage hatte ich mich wirklich gefragt, was wohl der 53 Jahre alte Italiener und der 38-jährige Spanier Alex Txikon, beide ausgewiesene Winterspezialisten, in den nächsten Monaten unternehmen werden. Würde es sie auch, wie viele andere, zum K2 ziehen, dem einzigen noch nie im Winter bestiegenen Achttausender?

Jetzt hat Simone in einem Interview der italienischen Zeitung La Gazzetta dello Sport die Katze aus dem Sack gelassen: Er und Alex werden Ende des Jahres gemeinsam zu einer Winterexpedition am Manaslu aufbrechen. Dritter im Bunde, so Moro, werde Txikons Freund Inaki Alvarez sein. 2015 (mit Tamara Lunger) und 2019 (mit Pemba Gyalje Sherpa) hatte Simone seine Winterversuche am 8163 Meter hohen Manaslu wegen gewaltiger Schneemassen am Berg abbrechen müssen.

„K2-Basislager überfüllt“

Achttausender Manaslu in Nepal, rechts der Pinnacle East

Am Wettlauf um die erste Winterbesteigung des K2 wolle er sich nicht beteiligen – obwohl er gefragt worden sei, sagte Simone. „Es sieht danach aus, als seien vier Expeditionen da: Das Basislager wird überfüllt sein.“ Vor allem die Sherpas dort, denen bisher noch keine Wintererstbesteigung eines Achttausenders gelungen sei, dürften hoch motiviert sein. „Ich wünsche ihnen Erfolg, damit sie den Weg für eine neue Ära frei machen können, die an den Wänden und in einem saubereren Kletterstil“, so Moro: „Eine echte Winterbesteigung im Alpinstil steht zum Beispiel noch aus.“

Alpinstil oder nicht?

Elisabeth Revol (l.) und Tomek Mackiewicz (2016)

Gegen diese Äußerung dürfte sich Widerstand regen. Viele werten die zweite Winterbesteigung des Nanga Parbat Ende Januar 2018 durch die Französin Elisabeth Revol und den Polen Tomek Mackiewicz als Anstieg im Alpinstil. Das Unternehmen endete in einem Drama: Nur Revol konnte gerettet werden, Mackiewicz starb – schneeblind und höhenkrank – in einer Eishöhle auf gut 7200 Metern.

Lindsay Griffin beschrieb im American Alpine Journal den Stil der beiden im Aufstieg über die Nordwestwand  als „very lightweight style“ (sehr leichtgewichtigen Stil). Bei ihrem ersten Vorstoß Anfang Januar hatten Elisabeth und Tomek ihr Zelt und eine Schaufel auf 6600 Metern zurückgelassen. Das könnten Puristen als Verstoß gegen den Alpinstil werten, da man in diesem Stil nicht nur auf Flaschensauerstoff, Fixseile und Träger verzichtet, sondern auch auf Hochlager und Materialdepots.

Zuletzt gescheiterte Winterversuche

Simone Moro steht mit vier Wintererstbesteigungen an Achttausendern in den Geschichtsbüchern des Alpinismus: Shishapangma (2005), Makalu (2009), Gasherbrum II (2011) und Nanga Parbat (2016). Der prestigeträchtige Erfolg am Nanga Parbat war ihm gemeinsam mit Txikon und dem Pakistaner Muhammad Ali Sadpara gelungen. Die Südtirolerin Tamara Lunger hatte kurz unterhalb des Gipfels umkehren müssen.

Tamara Lunger (l.) und Simone Moro Anfang 2020 am Gasherbrum I

Im vergangenen Winter waren Simone und Tamara mit leeren Händen von ihrem Versuch einer Doppelbesteigung von Gasherbrum I und II zurückgekehrt – immerhin aber lebendig: Moro war in eine Gletscherspalte gestürzt, Lunger hatte den Sturz mit dem Seil abbremsen und ihren Teamgefährten bergen können. Alex Txikon hatte im vergangenen Winter zum dritten Mal vergeblich versucht, den Mount Everest in der kalten Jahreszeit ohne Flaschensauerstoff zu besteigen.

Update 1. Dezember: Moro und Txikon wollen nicht nur den Manaslu besteigen, sondern auch den vorgelagerten 7992 Meter hohen Pinnacle East – um, wie es Simone formuliert, „eine deutliche Botschaft zu senden, dass die Zukunft des Höhenbergsteigens, auch im Winter, eindeutig an den Siebentausendern liegt“. Erstmals war diese spektakuläre Traverse den beiden Polen Jerzy Kukuczka und Artur Hajzer im November 1986 gelungen, also im Herbst.

6 Antworten auf „Simone Moro und Alex Txikon: Winterexpedition zum Manaslu“

  1. Auch ich möchte einmal herzlich Danke sagen.
    Dein Blog ist bei mir schon als festes Lesezeichen hinterlegt und wird laufend auf Neuigkeiten überprüft. Super Berichterstattung. Gruss Felix

  2. Im letzten deutschsprachigen Buch von Moro, meinte er, er hätte ein Versprechen seiner Frau gemacht, nie einen Winterversuch am K2 zu wagen. Dem bleibt er nach wie vor treu und die „Krone“ kann ihm eh keiner mehr nehmen. Ich würde es dem Sherpa-Team mehr als gönnen auch wenn es (damals) in der eigenen Heimat schöner gewesen wäre.
    Will Nims eigentlich Flaschensauerstoff verwenden, habe noch keine Infos dazu gefunden?
    Liebe Grüße

    1. Ich vermute, Nims wird – wie 2019 – Flaschensauerstoff nutzen. Andernfalls hätte er es sich schon verkündet.

Kommentare sind geschlossen.

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