Sirbaz Khan – erster Pakistaner ohne Flaschensauerstoff auf allen Achttausendern

Sirbaz Khan (bei einem früheren Gipfelerfolg)
Sirbaz Khan (bei einem früheren Gipfelerfolg)

„Ich freue mich riesig mit Sirbaz, dass er nun auch die 14 Achttausender ‚oben ohne‘ komplettieren konnte“, schreibt mir Ralf Dujmovits, Deutschlands erfolgreichster Höhenbergsteiger. „Meine ganz herzliche Gratulation an ihn.“

Sirbaz Khan hat seine von ihm selbst ausgerufene „Mission 14“ erfüllt: Am Sonntag um 11.50 Uhr nepalesischer Zeit erreichte der 37-Jährige mit dem Team des Expeditionsveranstalters Imagine Nepal den Gipfel des Kangchendzönga auf 8586 Metern. Sirbaz bestieg auch den dritthöchsten Berg der Erde ohne Atemmaske. Damit ist er der erste Pakistaner, der ohne Flaschensauerstoff auf allen 14 Achttausendern stand.

Zweiter Achttausender-Erfolg in diesem Frühjahr

Bereits im Oktober 2024 hatte Khan pakistanische Bergsteiger-Geschichte geschrieben, als er die Shishapangma bestiegen und damit als erster Bürger seines Landes seine Achttausender-Sammlung komplettiert hatte. Doch das reichte ihm nicht. „Auch wenn ich alle 14 Achttausender der Erde bestiegen habe, fehlt immer noch etwas“, schrieb Sirbaz Ende März nach seiner Ankunft in Nepal auf Instagram. „Als ich mein Projekt 2017 nach der Besteigung des Nanga Parbat erstmals ankündigte, war mein Ziel ganz einfach: die 14 Achttausender ohne Verwendung von zusätzlichem Sauerstoff.  Alhamdulilah (Gott sei Dank), ich habe 12 der 14 ohne zusätzlichen Sauerstoff bestiegen, aber bei zwei Gipfeln, Annapurna und Kangchendzönga, musste ich in der Nähe des Gipfels Sauerstoff verwenden. Und deshalb bin ich wieder hier.“

Kangchendzönga
Der 8586 Meter hohe Kangchendzönga im Osten Nepals

Am 7. April bestieg er – gemeinsam mit der deutschen Bergsteigerin Anja Blacha, die ebenfalls auf Flaschensauerstoff verzichtete – die 8091 Meter hohen Annapurna I im Westen Nepals. Und jetzt den Kangchendzönga im Osten des Landes.

Vom Küchenhelfer zu Pakistans erfolgreichstem Bergsteiger

Sirbaz wurde 1987 im Hunza-Tal geboren und wuchs in einfachsten Verhältnissen auf. Sein Vater war Schreiner. 2004 führte Sirbaz sein erster Job als Träger ins Basislager am K2, dem zweithöchsten Berg der Erde. Mehr als ein Jahrzehnt lang arbeitete er zunächst als Küchenhelfer und später als Hochträger für Expeditionen – ehe er selbst begann, auf die höchsten Gipfel zu steigen. 2017 bestieg er gemeinsam mit Mingma Gyalje Sherpa, Chef von Imagine Nepal, den Nanga Parbat, seinen ersten Achttausender. Auf dem Mount Everest stand Sirbaz zweimal: 2021 mit, 2023 ohne Flaschensauerstoff.

Sirbaz 2007 im K2-Basislager (oben rechts Gerlinde Kaltenbrunner und Ralf Dujmovits, unten rechts David Göttler)

Ralf Dujmovits, der bislang einzige deutsche Bergsteiger auf allen Achttausendern, kennt Sirbaz Kahn noch aus dessen Zeit als Küchenhelfer in der Basislagern Pakistans. „Harte Arbeit unter oftmals härtesten Wetterumständen, manchmal rund um die Uhr“, so der 63 Jahre alte Bergsteiger aus Bühl am Rande des Schwarzwalds. „Am K2 vor fast zwanzig Jahren habe ich seine ständige Einsatzbereitschaft und sein immer freundliches, zu Späßen aufgelegtes Wesen kennen und schätzen gelernt. Am Manaslu im Herbst 2022 waren wir zuletzt gemeinsam im Team von Imagine Nepal unterwegs – als er schon zum erfahrenen Bergsteiger gereift und die meisten Achttausender bestiegen hatte.“

Muhammad Ali Sadpara und Mingma Gyalje Sherpa als Mentoren

Als seinen Mentor bezeichnet Sirbaz seinen Landsmann Muhammad Ali Sadpara, mit dem er auf vier Expeditionen gemeinsam unterwegs war. Muhammad war der erste Pakistaner, der acht der 14 Achttausender bestieg. 2016 gelang ihm mit dem Italiener Simone Moro und dem Spanier Alex Txikon die prestigeträchtige erste Winterbesteigung des Nanga Parbat. Im Winter 2021 starb Muhammad Ali Sadpara im Gipfelbereich des K2 beim Versuch, auch den zweithöchsten Berg der Erde in der kalten Jahreszeit ohne Flaschensauerstoff zu besteigen. Auch er träumte – wie Sirbaz Kahn – davon, die Gipfel aller 14 Achttausender ohne Atemmaske zu erreichen.

Sirbaz (l.) mit seinem Freund Saad Munawar (r.)
Sirbaz (l.) mit seinem Freund Saad Munawar (r.)

Sirbaz habe seinen Erfolg „in erster Linie seiner Zähigkeit und seinen sportlichen Fähigkeiten zu verdanken, aber auch Menschen wie Imagine-Nepal-Chef Mingma G und seinem Freund und Manager Saad Munawar„, sagt Ralf Dujmovits. „Mingma hat sein bergsteigerisches Talent frühzeitig erkannt und ihn an den hohen Bergen, auch in Nepal und Tibet, unterstützt und gefördert. Sein Hunza-Freund Saad hat sich um einen Zeil der organisatorischen, medialen und finanziellen Herausforderungen der Achttausender-Besteigungen gekümmert und Sirbaz den Zugang zu den in Pakistan nicht so einfach zu erreichenden Sponsoren erleichtert.“

Auf dem Boden geblieben

Sirbaz mit Ralf Dujmovits (l.) 2022 am Manaslu
Sirbaz mit Ralf Dujmovits (l.) 2022 am Manaslu

„Alle 14 Achttausender ohne Sauerstoff zu bewältigen, ist eine monumentale Leistung“, sagte Karrar Haidri, Geschäftsführer des Alpine Club of Pakistan, in einer Glückwunsch-Botschaft an Khan. „Wir, die gesamte Bergsteigergemeinschaft Pakistans, bewundern seine Ausdauer, sein Talent und sein Nationalbewusstsein. „

Solche Lobeshymnen, die in den kommenden Tagen sicher zuhauf zu hören und lesen sein werden, steigen dem erfolgreichsten pakistanischen Bergsteiger sicherlich nicht zu Kopf, glaubt Ralf Dujmovits: „Sirbaz ist trotz aller Erfolge der letzten Jahre auf dem Boden geblieben und kümmert sich liebevoll um seine kleine Familie.“ Khan hat mit seiner Frau eine Tochter und einen Sohn.

P.S. Die Gipfelwelle am Mount Everest ist derweil weiter in vollem Gange. Alleine am Sonntag erreichten von der nepalesischen Südseite aus 135 Bergsteigerinnen und Bergsteiger den Gipfel auf 8849 Metern, auf von der tibetischen Nordseite wurden Gipfelerfolge gemeldet. Ang Dorjee (Chhuldim) Sherpa stand zum 24. Mal auf dem höchsten Punkt der Erde, der Brite Kenton Cool zum 19. Mal.

Ein indischer Bergsteiger starb beim Abstieg vom Gipfel des Lhotse, ein rumänischer Bergsteiger beim Aufstieg zum vierthöchsten Berg der Erde. Es waren die Todesfälle drei und vier der Saison oberhalb des Everest-Basislagers.

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