„Khumbu-Moskitos“ – so nannte vor einiger Zeit der legendäre österreichische Expeditionsleiter Wolfgang Nairz die Hubschrauber in der Everest-Region, als wir uns über den zunehmenden Fluglärm im Khumbu unterhielten. „Es ist ein ständiges Schwirren in der Luft“, sagte mir der 78-Jährige. Nairz leitete unter anderem jene Everest-Expedition im Frühjahr 1978, bei der Reinhold Messner und Peter Habeler als erste Menschen ohne Flaschensauerstoff den Gipfel auf 8849 Metern erreichten und bei der auch Reinhard Karl als erster Deutscher – mit Atemmaske – auf dem höchsten Punkt der Erde stand.
Ich war vor über 20 Jahren zum ersten Mal im Khumbu. Die Zunahme des Fluglärms zähle ich zu den auffälligsten Veränderungen in der Region um den höchsten Berg der Erde. Ohne Hubschrauber scheint im Khumbu nur noch wenig zu gehen.
Die von den Icefall Doctors, einem hoch spezialisierten Sherpa-Team, gesicherte Route durch den Khumbu-Eisbruch ist seit dem gestrigen Sonntag offiziell geschlossen. Damit ist die Frühjahrssaison 2022 am Mount Everest Geschichte.
Sie brachte rund 700 Aufstiege zum höchsten Punkt der Erde, etwa 650 auf der nepalesischen Südseite des Bergs und davor 50 auf der tibetischen Nordseite, die einmal mehr für Ausländer gesperrt blieb. Bis auf sehr wenige Ausnahmen – eine davon David Göttler – verwendeten die Bergsteigerinnen und Bergsteiger Flaschensauerstoff. Daran haben wir uns inzwischen ebenso gewöhnt wie an die reißerischen Schlagzeilen: „Erste/erster … auf dem Everest“ oder „Neuer Rekord am Everest“. In anderer Hinsicht war es eine denkwürdige Saison.
Am Mount Everest sind die ersten kommerziellen Teams zu Gipfelversuchen aufgebrochen. Unter denen, die sich auf den Weg machten, waren auch die Bergsteiger der Königlichen Garde Bahrains. Wenn alles wie geplant abläuft, sollen Scheich Mohamed Hamad Mohamed Al Khalifa und Co. am kommenden Dienstag den 8849 Meter hohen Gipfel erreichen. Vorher soll das Fixseil-Team um Everest-Rekordhalter Kami Rita Sherpa die Route bis zum höchsten Punkt sichern.
Während ihrer erfolgreichen Expedition am Achttausender Manaslu im vergangenen Herbst hatten sich – wie berichtet – Bergsteiger des Teams aus Bahrain ganz offensichtlich mit dem Hubschrauber vom Basislager aus nach Lager 1 fliegen lassen. Ich hatte dies „Heli-Doping“ getauft. Immer häufiger kommen Hubschrauber an den Achttausendern Nepals zum Einsatz – und längst nicht nur, wie in früheren Tagen, für Rettungsflüge.
Nachdem ich nach den Ereignissen Mitte April an der 8091 Meter hohen Annapurna meine Bauchschmerzen über einige Entwicklungen an den Achttausendern artikuliert hatte, kommentierte Maurizio Folini meinen Artikel mit den Worten: „Wir müssen unbedingt eine Ethik für Hubschrauber-Flüge in Nepal einführen. Ich war der erste Pilot, der zur Rettung (von Bergsteigern) über 7000 Meter geflogen ist. Ich bin auch Teil des Spiels, aber es ist Zeit, die kommerzielle Fake-Rettung zu stoppen (viele…) und eine professionelle Himalaya-Rettungs-Organisation auf den Weg zu bringen.“
Seit 2011 fliegt Folini regelmäßig Einsätze an den höchsten Bergen der Welt. 2013 gelang dem Italiener am Mount Everest die bis dato höchste Hubschrauberrettung aller Zeiten, als er einen nepalesischen Bergsteiger aus 7800 Metern am langen Seil talwärts beförderte. Ich habe bei dem 55-Jährigen nachgefragt:
Maurizio, du gehörst zu den Pionieren der Rettungshubschrauber-Flüge im Himalaya. Wie verbreitet ist nach deiner Erfahrung inzwischen „Heli-Doping“, sprich: dass sich Bergsteiger direkt in die Hochlager oder hinterher von dort ausfliegen lassen, um sich gefährliche oder auch nur lästige Etappen zu sparen?
Bin ich ein notorischer Nörgler? Eigentlich klingt doch alles super. Eine Rekordzahl von Bergsteigern auf der Annapurna, einige Premieren: die ersten sechs nepalesischen Frauen auf dem sonst so gefährlichen Achttausender, eine davon – Dawa Yangzum Sherpa – sogar ohne Flaschensauerstoff, die ersten beiden Frauen aus Mexiko, die erste Albanerin, die ersten Bergsteiger aus Pakistan, der erste Grieche…
Und es gab keine Todesfälle zu beklagen. Ein Taiwanese, der ohne Atemmaske aufgestiegen war, wurde am Sonntag per Hubschrauber vom Berg geholt – dahingestellt, ob wirklich wegen leichter Erfrierungen, oder aber, weil er möglichst schnell nach Kathmandu zurück wollte, um zum Dhaulagiri weiterzureisen. Drei russische Bergsteiger, die beim Abstieg in Bergnot geraten waren, wurden schließlich am Montag gefunden und ebenfalls an der langen Hubschrauber-Leine ins Basislager zurückgeflogen. Also alles in Butter, oder?
Der erste Gipfeltag der Frühjahrssaison an einem Achttausender in Nepal war ein sehr erfolgreicher. Nach seiner Zählung hätten heute 67 Bergsteigerinnen und Bergsteiger aus mehreren Teams den 8091 Meter hohen Gipfel der Annapurna I im Westen des Landes erreicht, ließ Chhang Dawa Sherpa vom nepalesischen Veranstalter Seven Summit Treks (SST) auf Instagram wissen. Andere meldeten mehr als 40 Gipfelerfolge. So oder so wäre es der mit Abstand erfolgreichste Gipfeltag aller Zeiten an diesem Berg, der gemessen an der Todesrate der gefährlichste aller Achttausender ist.
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