Dass Simone Moro und Alex Txikon Weihnachten zu Hause feiern, ist eher selten. Auch dieses Jahr macht da keine Ausnahme. Der 55 Jahre alte Italiener und der 41 Jahre alte Spanier, die bei ihren Projekten stets auf Flaschensauerstoff verzichten, sind ausgewiesene Spezialisten für Winterexpeditionen. Alex hält sich schon seit einiger Zeit in Nepal auf, jetzt ist auch Simone in dem Himalaya-Staat eingetroffen. Beide wollen den dritten Winter in Serie versuchen, den 8163 Meter hohen Manaslu im Westen Nepals zu besteigen.
In den vergangenen beiden Wintern waren ihre Versuche wegen großer Schneemassen auf dem achthöchsten Berg der Erde gescheitert. Moro fürchtet ein Déjà-vu. „Das Wetter hier war in den letzten zwei Monaten fantastisch“, sagte Simone nach der Ankunft in Kathmandu. „Das macht mir Sorgen, denn es könnte sich das Drehbuch wiederholen, nach dem es bis Weihnachten schön ist, und sich dann, wenn der Bergsteigerwinter – der astronomische Winter – beginnt, die Bedingungen ändern.“
Gemeinsam auf dem Nanga Parbat
Für Simone ist es nach eigenen Angaben seine bereits 22. Winterexpedition. Mit vier Wintererstbesteigungen an Achttausendern steht er in den Geschichtsbüchern des Alpinismus: Shishapangma (2005), Makalu (2009), Gasherbrum II (2011) und Nanga Parbat (2016). Der prestigeträchtige Erfolg am Nanga Parbat war ihm gemeinsam mit Txikon und dem Pakistaner Muhammad Ali Sadpara gelungen. Die Südtirolerin Tamara Lunger hatte kurz unterhalb des Gipfels umkehren müssen.
Txikon schaffte zudem 2013 (mit seinem Landsmann Jose Fernandez) die erste Winterbesteigung des 6069 Meter hohen, formschönen Laila Peak im Karakorum. Weniger Erfolg hatte Alex bei seinen drei Winter-Versuchen am Mount Everest (2017, 2018 und 2020) sowie am K2 (2019).
Hoffen auf den „günstigen Stern“
Moro hat sich insgesamt schon viermal im Winter am Manaslu die Zähne ausgebissen: 2015 (mit Tamara Lunger) und 2019 (mit Pemba Gyalje Sherpa) und eben in den vergangenen beiden Wintern. „Ich hoffe, dass diesmal ein günstiger Stern am Himmel steht und wir wenigstens alle Karten ausspielen können“, sagt Simone, „und dass es nicht der hohe Schnee oder die Lawinengefahr sind, die alles aufhalten, sondern, wenn es denn so sein sollte, meine Leistungsschwäche oder mein Unvermögen.“
Natürlich habe er sich vorgenommen, den Gipfel zu erreichen und nicht zum fünften Mal mit leeren Händen nach Hause zurückzukehren, so Moro. Aber er werde dafür nicht „den Helden spielen“.
Barmasse und Göttler: Im Alpinstil auf einen Achttausender
Txikon und Moro akklimatisieren sich für ihr Manaslu-Projekt im Khumbu, dem Everest-Gebiet. Das tun auch David Göttler und Hervé Barmasse. Was genau sich der 44 Jahre alte Deutsche und der Italiener, der am Mittwoch seinen 45. Geburtstag feiert, für diesen Winter vorgenommen haben, haben die beiden noch nicht preisgegeben.
Immerhin verriet Barmasse in einem Interview mit trekking.it, dass sie sich an einem Achttausender im Alpinstil versuchen wollen: „Nur ich, mein Abenteuerpartner und mein Zwölf-Kilo-Rucksack, um eine Winterbesteigung in Angriff zu nehmen, die in dieser Art noch nie jemand gemacht hat. Das ist ein sehr ehrgeiziges Ziel, aber eines, das mir am Herzen liegt.“
Akklimatisierungsphase am Cho Oyu
Derweil versuchen sich am 8188 Meter hohen Cho Oyu im Khumbu Gelje Sherpa und fünf weitere nepalesische Bergsteiger mit ihren beiden Kundinnen, den Achttausender-Sammlerinnen Kristin Harila aus Norwegen und Adriana Brownlee aus Großbritannien, im herkömmlichen Expeditionsstil: mit Flaschensauerstoff, Hochlagern und Fixseilen. Wie berichtet, ist es bereits Geljes dritter Versuch innerhalb eines Jahres, auf der nepalesischen Südseite des Bergs eine Route zu eröffnen, die auch für kommerzielle Teams tauglich ist. Die Akklimatisierung des Teams läuft, die Fixseile liegen bereits bis mindestens auf eine Höhe von 6500 Metern (Stand: vor drei Tagen).
Update 21. Dezember: Nach Angaben von Gelje Sherpa ist die Route nun bis Lager 3 auf 7300 Metern mit Fixseilen gesichert. Das Team will nun im Basislager auf besseres Wetter warten. Die Meteorologen erwarten mindestens bis Ende kommender Woche im Gipfelbereich des Cho Oyu starken Wind, teilweise in Orkanstärke. „Sieht nach Weihnachten im Basislager aus“, schreibt Adriana Brownlee in ihrer Instagram-Story.