Zuvor galt er als der zweithöchste noch unbestiegene Berg der Welt, aber der höchste erreichbare: Der 7570 Meter hohe Gankhar Puensum an der Grenze zwischen Bhutan und China ist für Bergsteiger gesperrt. In Bhutan gelten die Berge als Wohnsitz der Götter und dürfen deshalb nicht bestiegen werden. Seit 2004 ist in dem Himalaya-Staat nur noch Trekking erlaubt.
„Noch ein paar Schritte und wir erreichten den höchsten Punkt des Berges, eine dreieckige, mit Eis und Schnee bedeckten Fläche, etwa fünf Quadratmeter groß, von der sich uns ein Panoramablick bis zum Horizont bot. Der Gegenwind traf uns mit voller Wucht.“ So beschrieb Hsu Ching (andere Schreibweise Xu Jing) , der Leiter der chinesischen Expedition, den Moment heute vor genau 60 Jahren, an dem erstmals Menschen den Gipfel der Shishapangma betraten. Es sei 10.20 Uhr Pekinger Zeit an diesem 2. Mai 1964 gewesen, als die ersten von insgesamt zehn Bergsteigern am höchsten Punkt auf 8027 Metern angekommen seien, berichtete Hsu.
Damit war auch der letzte der 14 Achttausender bestiegen – 14 Jahre nach der Erstbesteigung des ersten, der Annapurna I, durch die Franzosen Maurice Herzog und Louis Lachenal. Die Shishapangma – übersetzt „Bergkamm über der Grasebene“ – ist der niedrigste Achttausender und der einzige, der komplett auf chinesisch-tibetischem Boden liegt.
Paul Ramsden und Tim Miller haben es wieder getan: Den beiden Briten gelang in diesem Herbst in Nepal eine weitere Erstbesteigung eines Sechstausenders – im Alpinstil (ohne Flaschensauerstoff, ohne Sherpa-Unterstützung, ohne Fixseile und ohne feste Hochlager) und auf einer schwierigen Route. Paul und Tim kletterten ganz im Westen des Landes durch die Nordwand des Surma-Sarovar. Der 6574 Meter hohe Berg liegt im Salimor-Khola-Tal im Gurans Himal, nahe der Grenze Nepals zu Tibet und Indien. „Wahrscheinlich der abgelegenste Ort, an dem ich je war, und es gelang uns, eine tolle Route zu klettern“, schreibt mir Paul nach seiner Rückkehr aus Nepal. Damit ist ihm und Miller ein weiteres Glanzstück des Alpinismus gelungen.
Eigentlich hatte ich Paul vor drei Wochen einige Fragen anlässlich der Verleihung der Piolets d’Or am 15. November in Briancon geschickt. Pauls Frau informierte mich daraufhin, dass er und Tim noch in Nepal unterwegs seien. Ramsden und Miller erhalten den „Oscar der Bergsteiger“ – wie berichtet – für ihre Erstbesteigung des 6563 Meter hohen Jugal Spire in Nepal im vergangenen Jahr. Paul ist der erste Bergsteiger, der bereits zum fünften Mal mit dem renommierten Preis ausgezeichnet wird. Hier sind die Antworten des 54 Jahre alten Top-Bergsteigers aus Yorkshire in Nordengland.
Paul, herzlichen Glückwunsch zum fünften Piolet d’Or in deiner Bergsteigerkarriere. Was bedeutet dir die Auszeichnung?
Die Sommersaison im Karakorum neigt sich dem Ende zu. Am gestrigen Donnerstag erreichten nach Schätzungen rund 90 Teilnehmende kommerzieller Expeditionen den Gipfel des K2, des zweithöchsten Bergs der Erde. Rund die doppelte Anzahl hatte einen Gipfelversuch gemacht. Damit herrschten am K2 – wie schon im Sommer 2022 – Everest-Verhältnisse. Der pakistanische Bergsteiger Muhammad Hassan kam ums Leben, angeblich traf ihn ein abgebrochenes Eisstück im sogenannten Flaschenhals, der gefährlichen Schlüsselstelle auf rund 8000 Metern. Angesichts der Masse an Menschen, die dort unterwegs waren, und den Staus, die sich bildeten, verwundert es, dass nicht noch mehr Menschen zu Schaden kamen. Aus meiner Sicht war es einfach nur Glück, denn im Flaschenhals herrscht fast immer Lawinengefahr.
Einsam und in ganz anderem Stil als die Gipfelanwärter am K2 waren in diesem Sommer der 32 Jahre alte Südtiroler Simon Messner und der 35 Jahre alte Österreicher Martin Sieberer im Karakorum unterwegs. Wie berichtet, setzten sie mit der Erstbesteigung des nach ihren Messungen rund 7180 Meter hohen Yermanendu Kangri ein Glanzlicht, das sich vom Mainstream-Höhenbergsteigen der kommerziellen Expeditionen deutlich absetzte. Die beiden erreichten den Gipfel im Alpinstil, also ohne Flaschensauerstoff, ohne Hochträger, ohne feste Hochlager und ohne Fixseile. Um schneller zu sein, verzichteten sie darauf, sich anzuseilen. Ich habe Simon zu dem Coup befragt.
Herzlichen Glückwunsch zur Erstbesteigung des Yermanendu Kangri. Hattet ihr vor eurem Gipfelvorstoß die mögliche Route sorgfältig ausgekundschaftet oder wart ihr eher spontan unterwegs?
Coup im Karakorum: Der Südtiroler Simon Messner und der Österreicher Martin Sieberer haben am gestrigen Sonntag als erste Menschen den Gipfel des 7163 Meter hohen Yermanendu Kangri erreicht. Das meldet die pakistanische Agentur „Discover Karakoram“, über die das Duo die Expedition organisiert hatte. Der Berg liegt nahe dem 7821 Meter hohen formschönen Masherbrum.
Im Sommer 2004 ereilte uns dasselbe Problem. Auf der Anreise zum K2, dem zweithöchsten Berg der Erde in Pakistan, zogen sich sowohl Bergsteiger-Legende Kurt Diemberger als auch ich eine Diarrhoe zu, die uns zwei Tage lang außer Gefecht setzte. Wie wir später im Gespräch feststellten, hatten wir beide in einem Hotel in der Stadt Chilas am Karakorum Highway Eier gegessen, die ihre beste Zeit hinter sich hatten. Mit ziemlich wackligen Beinen machten wir uns dann doch wie geplant auf den Weg zum Trekking über den Baltoro-Gletscher.
Kurt begleitete damals als Ehrengast eine große italienische Expedition, die sich zum 50. Jahrestag der K2-Erstbesteigung durch die Italiener Achille Compagnoni und Lino Lacedelli eine weitere Besteigung des Bergs zum Ziel gesetzt hatte – was später auch fünf Bergsteigern des Teams gelang, allesamt ohne Einsatz von Flaschensauerstoff. Ich war wegen des Jubiläums auf einer Reportagereise zum K2, den Kurt mir gegenüber als seinen „Traum- und Schicksalsberg“ bezeichnete.
Sie sorgte dafür, dass die Nachricht der erfolgreichen Erstbesteigung des Mount Everest pünktlich zur Krönung von Queen Elizabeth II in England eintraf. Am vergangenen Freitag ist die britische Schriftstellerin Jan Morris im Alter von 94 Jahren in einem Krankenhaus der walisischen Küstenstadt Pwllheli gestorben.
1953 war Morris noch ein Mann, hieß mit Vornamen James und begleitete als Reporter für die Zeitung „The Times“ die britische Expedition. Später unterzog sich Morris einer Geschlechtsumwandlung. Bis zu ihrem Tod lebte die Schriftstellerin mit ihrer Partnerin Elizabeth zusammen, mit der sie fünf Kinder hatte. Sie schrieb mehr als 40 Bücher. Wie Morris die Nachricht über den Everest-Gipfelerfolg am 29. Mai 1953 nach London übermittelte, ist legendär.
Wenn Priti und Jeff Wright später einmal auf 2020 zurückblicken, werden sie sich sicher einig sein: „ein außergewöhnliches Jahr“ – und das nicht nur wegen der Corona-Pandemie. Die Software-Entwicklerin und der Luftfahrtingenieur aus Seattle in den USA nahmen Ende 2019 eine berufliche Auszeit, um ein Jahr lang in vollen Zügen ihre Leidenschaft auszuleben: Klettern und Bergsteigen.
Die Eheleute, beide Anfang 30, reisten erst nach Patagonien, dann nach Europa und schließlich nach Pakistan. Ihre bergsteigerische Bilanz ist beeindruckend: der legendäre Cerro Torre, die sechs großen Nordwände der Alpen und schließlich – wie berichtet – als Krönung der K6. An dem anspruchsvollen Siebentausender im Karakorum gelang ihnen im Alpinstil die Traverse vom Westgipfel (7040 Meter) zum bis dahin noch unbestiegenen Mittelgipfel (7100 Meter). Die „alpinen Vagabunden“, wie sie sich auf ihrer Website nennen, haben meine Fragen zu ihrem Coup am K6 beantwortet.
Was bedeutet euch das Abenteuer am K6 mit der erst dritten Besteigung des Westgipfels und der Erstbesteigung des Mittelgipfels?
Unter Vagabunden, sprich Landstreichern stellt man sich gewöhnlich etwas anderes vor als eine Software-Entwicklerin und einen Luftfahrtingenieur aus den USA. Priti und Jeff Wright, ein kletterndes Ehepaar Anfang 30 aus Seattle, nennen sich „Alpine Vagabonds„. Die beiden „alpinen Landstreicher“ sorgten jetzt im Karakorum in Pakistan für einen echten Coup.
Es läuft für das Team des Expeditionsanbieters Summit Climb im entlegenen Shimshal-Tal im Norden Pakistans. Innerhalb von drei Tagen gelang Expeditionsleiter Felix Berg, dem bekannten pakistanischen Bergsteiger Mirza Ali Baig und ihren deutschen Kunden die zweite Erstbesteigung. „Dieser zweite von unserem Team erschlossene Berg ist 6105 Meter hoch“, ließ Summit Climb am gestrigen Samstag via Instagram wissen. „Die heutige Gipfelaktion war länger und technisch anspruchsvoller.“ Am Mittwoch hatte das fünfköpfige Summit-Climb-Team bereits einen noch namenlosen 5770 Meter hohen Berg bestiegen.
Werden der vierjährige Mateo Messi oder Cristiano Ronaldo junior, neun Jahre alt, eines Tages wie ihre berühmten Väter die Fußballwelt verzücken? Durchaus möglich. Die beiden Sprösslinge der Superstars Lionel Messi aus Argentinien und Cristiano Ronaldo aus Portugal zeigen schon als Kinder ein bemerkenswertes Ballgefühl. Doch dass sie wirklich in die Fußstapfen ihrer Väter treten, ist keineswegs garantiert.
Simon Messner, Sohn des legendären Reinhold Messner, wollte erst einmal gar nichts vom Bergsport wissen. „Das Thema war zu präsent in meiner Familie, zu alltäglich“, erklärt der 29-Jährige auf seiner Internetseite den verwunderlichen Umstand, dass er erst als Jugendlicher zum Klettern fand. Zudem hatte Simon Höhenangst, die es zu überwinden galt: „Ja nicht stürzen, dann kann auch nichts passieren, war meine Devise. Sie ist es bis heute geblieben.“
Heute geht Simon regelmäßig in die Berge und auch auf Expedition: Im vergangenen Sommer gelangen ihm in Pakistan gleich zwei Erstbesteigungen von Sechstausendern. Simon Messner hat eigentlich Molekularbiologie studiert, wechselte dann aber „von der Mikrowelt der Moleküle zurück in die Makrowelt der Berge“, wie er sagt. Dazu gehört nicht nur das Klettern. Mit seinem 75 Jahre alten Vater Reinhold dreht Simon Messner auch Dokumentarfilme in den und über die Berge.
Simon, siehst du dich aktuell eher als Alpinist oder als Filmemacher?
Ordnung auf meinem Schreibtisch, auch dem digitalen, gehört wahrlich nicht zu meinen Stärken. Meist quillt mein Desktop über von verwendeten Bildern und Dokumenten – bis ich irgendwann den Überblick verliere und endlich den digitalen Papierkorb fülle. Zu einem „Ladenhüter“ auf meinem Bildschirm schien sich das nebenstehende Bild des Link Sar von Steve Swenson zu entwickeln. Zwei Jahre lang lag es unbenutzt da. Allerdings nicht wie bei den meisten anderen Dateien wegen meiner Schludrigkeit, sondern weil ich fest davon überzeugt war, dass ich es noch brauche würde. Jetzt ist es soweit. Den US-Amerikanern Swenson, Mark Richey, Graham Zimmerman und Chris Wright gelang in diesem Sommer die Erstbesteigung des technisch extrem schwierigen 7041 Meter hohen Link Sar im Norden Pakistans.
Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm. Simon Messner, 28 Jahre alter Sohn des legendären Südtiroler Bergsteigers Reinhold Messner, ist nach eigenen Angaben am vergangenen Samstag die Erstbesteigung des rund 6200 Meter hohen Toshe III im Karakorum gelungen. Die stark vergletscherte Toshe-Bergkette liegt rund 18 Kilometer Luftlinie südwestlich des Achttausenders Nanga Parbat. Simon kletterte in einem Stil, der seinem 74 Jahre alten Vater gefallen dürfte.
Leicht und schnell
„Wegen der schwierigen Schneebedingungen, der warmen Temperaturen und des sehr wechselhaften Wetters entschloss ich mich, den Berg vom vorgeschobenen Basislager auf 4600 Metern aus im Alleingang in einem Zug zu besteigen“, schreibt Simon Messner auf Facebook. „Der Plan war, mit leichtem Gepäck und schnell zu klettern, um dem aufziehenden schlechten Wetter zuvorzukommen. Und obwohl ich jeden einzelnen Meter selbst spuren musste, erreichte ich den Gipfel um 9.30 Uhr morgens – ich brauchte fünfeinhalb Stunden.“ Beim Abstieg sei das Lawinenrisiko hoch gewesen, so Simon, dennoch habe er noch am selben Tag das Basislager erreicht.