Der Start verlief ein wenig holprig. Eigentlich wollten Gelje Sherpa und sein nepalesisches Team heute von Kathmandu aus nach Lukla fliegen. Doch wegen des schlechten Wetters im Khumbu mussten die zehn Bergsteiger zunächst einmal auf Jeeps umsteigen. Das tat ihrer guten Laune keinen Abbruch, wie Videos auf den sozialen Netzwerken zeigten. Wie berichtet, wollen Gelje Sherpa und Co. in diesem Winter (mit Flaschensauerstoff) eine neue Route auf den Achttausender Cho Oyu erschließen, die auch für kommerzielle Expeditionen tauglich ist.
Alternativroute auf der nepalesischen Seite
Bisher stiegen kommerzielle Teams ausschließlich über die tibetische Seite des 8188 Meter hohen Bergs auf. Doch in den vergangenen Jahren hatten die chinesisch-tibetischen Behörden dort die Preisschraube für den Cho Oyu drastisch angezogen und Permits nur noch sehr restriktiv ausgegeben. So hatten sie den Berg im Herbst 2019 ab dem 1. Oktober für ausländische Bergsteiger gesperrt, 2020 und 2021 wegen der Corona-Pandemie sogar komplett. Auch im Frühjahr 2022 werden wohl keine ausländischen Bergsteiger nach Tibet einreisen dürfen.
„Es wird Zeit, die sicherste Alternativroute von Nepal aus zu finden“, schrieb mir Gelje Sherpa vor Weihnachten. Die Südseite des Bergs galt bisher als technisch zu anspruchsvoll und zu lawinengefährdet, als dass kommerzielle Veranstalter sich an sie herangewagt hätten.
Doch das soll sich nun ändern. Gelje würde im Erfolgsfall sogar zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen: Der Cho Oyu und der Broad Peak in Pakistan sind die letzten beiden Achttausender, die dem 29 Jahre alten Sherpa noch in der Sammlung der 14 höchsten Berge der Welt fehlen.
Erfahrenes Team

Unter den neun nepalesischen Bergsteigern, die ihn in diesem Winter begleiten, finden sich einige enge Weggefährten. So gehörte auch Gesman Tamang zum Team Nirmal Purjas bei dessen Achttausender-Rekordjagd im Jahr 2019: Gelje begleitete den früheren Soldat des britischen Gurkha-Regiments auf acht Gipfel, Gesman war bei sieben Besteigungen dabei.
Und als Gelje Sherpa 2021 zu den zehn nepalesischen Bergsteigern gehörte, denen die erste Winterbesteigung des zweithöchsten Bergs der Erde gelang, war auch Lakpa Dendi Sherpa am Berg: als Begleiter des Bulgaren Atanas Skatov, der bei einem Absturz ums Leben kam. Lakpa Dendi stand schon über 20-mal auf Achttausender-Gipfeln. 2018 bestieg er den Everest (mit Flaschensauerstoff) dreimal innerhalb von zehn Tagen (13., 18., 24. Mai), was ihm einen Eintrag ins Guinness-Buch der Rekorde eintrug. Im Sommer 2019 gehörte Lakpa Dendi zu Nirmal Purjas Gipfelteam am K2.
Mit Tenging Gyaljen Sherpa unterstützte Gelje Sherpa den Spanier Alex Txikon bei dessen gescheitertem Winterversuch 2018 am Mount Everest.
Auch die sechs anderen Mitglieder des Cho-Oyu-Teams – Phuri Kitar Sherpa, Tashi Sherpa, Pem Tenji Sherpa, Pam Dorjee Sherpa, Karma Sherpa und Lakpa, genannt „Bibas“ Sherpa – vereinen jede Menge Erfahrung an den höchsten Bergen der Welt. Die werden sie auch brauchen, denn es warten auf sie neben den winterbedingten Schwierigkeiten sicherlich auch noch einige bergsteigerische.
Immerhin, die erste große Hürde hat die Expedition genommen: die Finanzierung. Geljes Team fand nach Weihnachten einen Materialsponsor. Und Nirmal Purja schoss kurz vor dem Start über seine „Nimsdai“-Stiftung das noch nötige Geld dazu, damit sich seine nepalesischen Landsleute auf den Weg zum Cho Oyu machen konnten.