Ganz verlassen wird der Mount Everest in diesem Frühjahr trotz der Restriktionen in Folge der Corona-Pandemie offenbar nicht bleiben. Die Hinweise verdichten sich, dass eine chinesische Expedition den höchsten Berg der Erde von der tibetischen Nordseite aus angehen wird. Nach Informationen der in Kathmandu erscheinenden Zeitung „The Himalayan Times“ werden mindestens 26 Bergsteiger aus China, darunter sechs Frauen, versuchen, den Everest zu besteigen.
Vor 60 Jahren: erste Besteigung über Nordseite
Die chinesisch-tibetischen Behörden hatten in der vergangenen Woche verkündet, dass sie wegen der Coronavirus-Krise für die Nordseite des Mount Everest und auch andere Expeditionsziele in Tibet in diesem Frühjahr keine Permits ausstellen würden – „für ausländische Bergsteiger-Expeditionsteams“, wie es ausdrücklich hieß.
Ob inländische Teams zugelassen sind, blieb damit offen. Und es gibt einen weiteren Grund dafür, dass eine chinesische Expedition zustande kommen könnte: In diesem Jahr jährt sich am 25. Mai zum 60. Mal der Tag, an dem der Everest erstmals über den Nordostgrat bestiegen wurde, von drei chinesischen Bergsteigern. Eine erfolgreiche Jubiläumsexpedition ließe sich sicher von Chinas staatlicher Propaganda propagandistisch gut ausschlachten.
Zwei Fliegen mit einer Klappe
Auch auf der nepalesischen Südseite werden in diesem Frühjahr im Zuge der Corona-Krise keine Permits für Expeditionen ausgestellt. Doch werden in dem Himalayastaat bereits Stimmen laut, dem Beispiel Chinas zu folgen und einheimische Bergsteiger auf den Mount Everest steigen zu lassen. So regte Kami Rita Sherpa, mit 24 Gipfelerfolgen Everest-Rekordhalter, an, die ausgefallene Saison dafür zu nutzen, den Berg zu reinigen. Damit schlage man zwei Fliegen mit einer Klappe. „Es ist eine goldene Gelegenheit für die Regierung“, sagte der 50-Jährige der Zeitung „Kathmandu Post“.„Mit der Everest-Säuberungsaktion könnte man rund 3000 Bergführern und Trägern Arbeit geben, das wären mindestens 25 Prozent derjenigen, die jetzt ihre Jobs verloren haben.“
Und wer bezahlt es?
Sie könnten nicht nur Müll vom Berg bringen, sondern auch die Leichen zahlreicher Bergsteiger, die bisher nicht heruntergebracht werden konnten. Kami Rita schätzt die Kosten einer solcher Aktion für drei Monate auf rund eine Milliarde nepalesische Rupien, umgerechnet knapp 7,8 Millionen Euro. Das Geld müsse entweder von der Regierung aufgebracht werden oder von Unternehmen, „als Teil ihrer sozialen Verantwortung“, so der Sherpa. Ein frommer Wunsch angesichts der absehbaren wirtschaftlichen Krise in Zeiten des Corona-Virus.