„Ich mache genau dort weiter, wo ich aufgehört habe“, sagt mir Jost Kobusch. „Es war von Anfang an klar, dass ein Projekt wie dieses mehrere Anläufe braucht. Und das ist eben der zweite.“
In einer Woche, am 29. Oktober, fliegt der 29 Jahre alte deutsche Bergsteiger nach Nepal, um sich erneut im Winter am Mount Everest zu suchen: im Alleingang; ohne Flaschensauerstoff; über die anspruchsvolle, selten begangene Route über den Lho La, einen 6000 Meter hohen Pass zwischen Nepal und Tibet, den Westgrat und das in der Nordwand gelegene Hornbein-Couloir. Bei seinem ersten Solo-Anlauf auf dieser Route hatte Jost im Februar 2020 eine Höhe von 7366 Metern erreicht.
Unbestiegener Sechstausender zur Akklimatisierung
Kobusch fühlt sich diesmal „massiv besser“ vorbereitet. Er habe in den Bergen um Chamonix, wohin er vor anderthalb Jahren seinen Wohnort verlegt hatte, zuletzt zwischen 30 und 40 Stunden pro Woche trainiert, „auf Routen, die dem ähneln, was mich oben am Everest erwartet“, sagt Jost. „Ich habe die Corona-Zeit in gewisser Weise sogar genossen, weil sie mir die Möglichkeit gegeben hat, mich so auf dieses Projekt zu fokussieren. Ich war wie im Trainingslager und habe brav meine Hausaufgaben gemacht.“
Um sich in Nepal für sein Everest-Projekt zu akklimatisieren, will Kobusch nach eigenen Worten zunächst mit einem Seilpartner „einen unbestiegenen Sechstausender in Angriff nehmen. Welchen, kann ich dir leider nicht verraten.“ Nur so viel lässt er heraus: Der Berg liege nicht im Everest-Gebiet, sondern „in einer anderen Richtung“.
Anschließend will er sich auf den Weg zum höchsten Berg der Erde machen. Er wolle am Everest „noch minimalistischer“ unterwegs sein als im vorletzten Winter, kündigt Jost an: „Ich werde diesmal das Basislager mit Koch weglassen. Ich schlage dort nur ein kleines Zelt auf und deponiere darin ein paar Vorräte, das wars. Wenn ich mich erholen will, gehe ins Dorf Lobuche. Wenn ich am Berg arbeiten möchte, bin ich am Berg.“
Hausaufgaben im unteren Teil erledigt
Bei seinem ersten Anlauf im Winter 2019/2020 habe er viel gelernt: über das „Mikroklima am Everest“, die Eis- und Schneeverhältnisse, aber auch über den unteren Teil der geplanten Route. „Ich will die Schwierigkeiten oben nicht herunterspielen. Die sind enorm, darüber müssen wir uns nicht streiten“, sagt Kobusch. „Dennoch ist der Weg hinauf zum Lho La meiner Ansicht nach der technisch anspruchvollste Teil gewesen. Dementsprechend hat das sehr viel Zeit gebraucht. Klar sehe ich die Schlüsselstelle oben, aber die Hausaufgaben für den unteren Teil sind immerhin schon mal erledigt.“
Blick ins Hornbein-Couloir werfen
Ich frage Jost, ob er sein Projekt diesmal abschließen wolle oder auch diese Expedition wieder als eine von mehreren Etappen sehe. „Ich bin kein Autor, der weiß, dass er eine Trilogie oder fünf Episoden schreibt. Ich lasse es auf mich zukommen“, antwortet Kobusch. „Natürlich habe ich mir ein Ziel gesetzt: Ich möchte eine Höhe von 8000 Metern erreichen. Die größte Höhe, die jemals im Winter auf dem Westgrat erreicht wurde, lag bei 7500 Metern (im Winter 1984/85 von einer französischen Expedition). Selbst wenn ich diese Marke knacken würde, wäre es schon irgendwie ein Erfolg.“
Aber eigentlich will er gerne höher, wenigstens mal einen Blick in das Hornbein-Couloir werfen, „um einschätzen zu können, ob es dort oben im Winter sinnvoll ist. Es könnte ja sein, dass das Couloir mit tiefem Pulverschnee gefüllt ist. Dann wäre es der Horror, dort aufzusteigen. Ebenso, wenn es richtig trocken wäre, mit superhartem Eis. Aber das ist ja auch das Spannende. Ich weiß nicht, was mich dort oben erwartet.“
Messners Kritik als „Kompliment“ gewertet
Als Zeitfenster für den Everest hat sich Kobusch die Periode zwischen dem kalendarischen Winterbeginn am 21. Dezember und dem 28. Februar gesetzt. „Ich bin in dieser Zeit am Berg, nicht vorher und nicht nachher“, sagt Jost, schränkt allerdings ein: „Sollte ich den Gipfel am 27. Februar erreichen, wäre ich am 1. März ja immer noch im Abstieg.“
Die harten Worte von Altmeister Reinhold Messner, der Kobusch in einem Interview des Magazins „Alpin“ als „Ankündigungsweltmeister“ bezeichnet hatte, nimmt der junge deutsche Bergsteiger gelassen. „Ich habe das als Kompliment gesehen“, sagt Jost. „Wenn Messner seine Liebe zeigen möchte, dann macht er es in Form von Kritik.“
Ich drücke Jost die Daumen für dieses Projekt und hoffe das alles gut geht!
Er scheint durch seinen neuen Wohnort Chamonix deutlich besser vorbereitet zu sein und durch seinen ersten Versuch veiel Erfahrung zu haben.
Im vergangen Jahr ein reiner PR-Gag. Ohnehin ein Meister der Selbstvermarktung.
Vielleicht ist er ja jetzt besser vorbereitet und besser in Form.