Hut ab! Billi Bierling hat am heutigen Sonntag den Broad Peak bestiegen – ohne Flaschensauerstoff. Nach Angaben ihrer Schwester kehrte sie nach 25 Stunden Gipfelgang heile zurück – nach Lager 3 auf rund 7200 Metern.
Für die 52 Jahre alte deutsche Bergsteigerin und Journalistin, die mit dem Schweizer Expeditionsveranstalter „Kobler & Partner“ unterwegs ist, war es der sechste Achttausender-Erfolg und nach dem Manaslu 2011 und Cho Oyu 2016 der dritte, der ihr ohne Atemmaske gelang. 2015 hatte sich Billi schon einmal am Broad Peak versucht. Bei Lager 3 war damals Endstation gewesen, wegen zu großer Lawinengefahr.
Er ist fast am Ziel seiner Träume. Am Sonntag bestieg der Südkoreaner Kim Hong-bin mit seinen Landsleuten Cho Cheol-hee und Cheong Ha-young sowie dem Nepalesen Pechhumbe Sherpa und dem Pakistaner Muhammad Hussain den 8080 Meter hohen Gasherbrum I im Karakorum. Es war Kims 13. Achttausender-Erfolg. Um seine Sammlung zu vervollständigen, muss der 54-Jährige nur noch auf den Broad Peak steigen. In diesem Falle wäre Kim der erste behinderte Bergsteiger, der auf allen 14 Achttausendern gestanden hätte. Seit 1991 fehlen ihm alle zehn Finger.
Die Teams am zweihöchsten Berg der Erde haben sich sortiert. Wie mir Herbert Hellmuth, deutscher Bergsteiger im Team des nepalesischen Veranstalters „Seven Summit Treks“ gestern aus dem Basislager schrieb, verteilen sich die Gipfelanwärter ziemlich gleichmäßig auf die Normalroute über den Abruzzen-Sporn und die Basken-Route (häufig auch Cesen-Route genannt).
Herbert hat sich im Basislager umgehört: Von den aktuell 120 Bergsteigern mit Permits (75 internationale Bergsteiger, 45 Climbing Sherpas aus Nepal – sie verteilen sich auf zehn Teams) wollen 64 über die Abruzzen-Route aufsteigen, 56 über die Basken-Route. Die pakistanischen Hochträger tauchen in dieser Rechnung nicht auf, da sie kein Permit benötigen. Rund zehn Bergsteiger, die eine Besteigungsgenehmigung besessen hätten, seien bereits wieder abgereist, schreibt mir Herbert: „Alles in allem kein so überlaufenes Jahr.“
„Ich gehe nicht in die Berge für Social Media, ich gehe in die Berge um bergzusteigen“, sagt mir Thomas Huber. „Ich bin da ‚Old School’“. Der 52-Jährige, der ältere der beiden „Huberbuam“, will erst nach der Rückkehr aus dem Karakorum berichten, wie es ihm und seinen beiden Gefährten ergangen ist. Am Montag bricht er mit dem 34 Jahre alten Südtiroler Simon Gietl und dem Franzosen Yannick Boissenot nach Pakistan auf. Es geht, so viel verrät Huber, wieder zu den Bergen am Choktoi-Gletscher. Über das genaue Ziel will Thomas nicht reden. Im Sommer 2018 hatte sich das Trio – damals noch ergänzt um Rainer Treppte – dort die noch nicht durchkletterte Nordwand des 7145 Meter hohen Latok I vorgenommen, wegen der großen Lawinengefahr aber nicht einsteigen können.
Thomas, kann man sagen,
dass die Berge am Choktoi-Gletscher inzwischen so etwas wie dein zweites
Wohnzimmer geworden sind?
Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm. Simon Messner, 28 Jahre alter Sohn des legendären Südtiroler Bergsteigers Reinhold Messner, ist nach eigenen Angaben am vergangenen Samstag die Erstbesteigung des rund 6200 Meter hohen Toshe III im Karakorum gelungen. Die stark vergletscherte Toshe-Bergkette liegt rund 18 Kilometer Luftlinie südwestlich des Achttausenders Nanga Parbat. Simon kletterte in einem Stil, der seinem 74 Jahre alten Vater gefallen dürfte.
Leicht und schnell
„Wegen der schwierigen Schneebedingungen, der warmen Temperaturen und des sehr wechselhaften Wetters entschloss ich mich, den Berg vom vorgeschobenen Basislager auf 4600 Metern aus im Alleingang in einem Zug zu besteigen“, schreibt Simon Messner auf Facebook. „Der Plan war, mit leichtem Gepäck und schnell zu klettern, um dem aufziehenden schlechten Wetter zuvorzukommen. Und obwohl ich jeden einzelnen Meter selbst spuren musste, erreichte ich den Gipfel um 9.30 Uhr morgens – ich brauchte fünfeinhalb Stunden.“ Beim Abstieg sei das Lawinenrisiko hoch gewesen, so Simon, dennoch habe er noch am selben Tag das Basislager erreicht.
Der heutige Mittwoch war ein erfolgreicher Gipfeltag am Achttausender Nanga Parbat. Mehrere Gruppen, die sich zu einer großen zusammengeschlossen hatten, erreichten den 8125 Meter hohen Gipfel. Bestätigt sind durch die Daten ihrer GPS-Tracker unter anderem die Gipfelerfolge des Spaniers Sergi Mingote und der Bergsteigerin Stefi Troguet aus Andorra.
Sergi Mingote bestieg nach dem Lhotse im Frühjahr mit dem Nanga Parbat bereits den zweiten Achttausender in diesem Jahr ohne Flaschensauerstoff. „Glücklich!!!“, ließ Sergi via Facebook über seinen Gefühlszustand wissen. Ursprünglich hatte der 48-Jährige nach dem Lhotse auch noch den Mount Everest anhängen wollen, nach einer letztlich vergeblichen Rettungsaktion für den Bulgaren Ivan Tomov (der starb, offenbar an einem Höhenhirnödem) jedoch darauf verzichtet. 2018 hatte Mingote mit dem K 2, dem Broad Peak und dem Manaslu die Gipfel von drei Achttausendern ohne Atemmaske erreicht. In diesem Sommer hat er sich noch den Gasherbrum I und den Gasherbrum II vorgenommen.
Zehn Bergretter der indisch-tibetischen Grenzpolizei haben nahe dem Siebentausender Nanda Devi im indischen Himalaya sieben Leichen geborgen. Sie seien unter einer anderthalb Meter Schneedecke begraben gewesen, teilte ein Vertreter der indischen Behörden mit. Nach einem achten Bergsteiger werde weiter gesucht. Die Gruppe unter Führung des erfahrenen britischen Expeditionsleiters Martin Moran war – wie berichtet – seit Ende Mai verschollen. Die Bergsteiger hatten sich an einem noch unbestiegenen 6477 Meter hohen Berg unweit des 7434 Meter hohen Nanda Devi East versucht.
Seinen Optimismus hat Nirmal, genannt „Nims“ Purja noch nicht verloren. „Wir machen Fortschritte, das Projekt läuft immer noch. Und ich werde es innerhalb von sieben Monaten abschließen, so wie ich es mir zum Ziel gesetzt habe“, twitterte der 36 Jahre alte Nepalese dieser Tage. In sieben Monaten will Nims alle 14 Achttausender bestiegen haben. In der Frühjahrssaison in Nepal lief alles nach Plan. Innerhalb von einem Monat und einem Tag stand er auf den Gipfeln von sechs Achttausendern: Annapurna (23. April), Dhaulagiri (12. Mai), Kangchendzönga (15. Mai), Mount Everest (22. Mai), Lhotse (22. Mai), Makalu (24. Mai). Die drei letztgenannten Gipfel hakte er innerhalb von 48 Stunden und 30 Minuten ab. Er stieg mit seinem Sherpa-Team mit Flaschensauerstoff über die Normalwege auf. Per Helikopter ließen sich die Bergsteiger zu den verschiedenen Basislagern fliegen.
Zwei Rettungsaktionen
Doch Purja sorgte nicht nur mit seinen Aufstiegen für Schlagzeilen. An der Annapurna gehörte er zu den Nepalesen, die die Fixseile bis zum Gipfel legten. Nach der Besteigung beteiligte er sich an der Rettungsaktion für den malaysischen Bergsteiger Wui Kin Chin. Den Rettern um Nims gelang es, Wui aus über 7000 Metern vom Berg zu bringen, doch er starb wenige Tage später in einem Krankenhaus in Hongkong. Am Dhaulagiri waren Purja und seine Begleiter die einzigen Bergsteiger, die in diesem Frühjahr den Gipfel erreichten – trotz schlechten Wetters. Am Kangchendzönga versuchte Nims, zwei indische Bergsteiger zu retten, denen, völlig entkräftet, beim Abstieg der Flaschensauerstoff ausgegangen war. Beide starben. Die meisten Schlagzeilen aber brachte dem Ex-Soldaten des britischen Gurkha-Regiments das Foto ein, das er am 22. Mai am Everest-Gipfelgrat machte. Das Bild, das eine lange Menschenschlange auf dem schmalen Grat zeigte, ging um die Welt.
Eigentlich wollte Nims Purja jetzt schon längst in Pakistan weilen – für die zweite Phase seines „14/7 Project Possible“: In diesem Sommer will er die fünf Achttausender Pakistans besteigen. Doch er musste seine Abreise aufschieben, weil ihm noch Geld fehlt, um sein Projekt fortzusetzen. Auf sein Haus in Großbritannien hat Nims bereits eine zweite Hypothek aufgenommen. Per Crowdfunding sammelt er Spenden (Wer ihn unterstützen will, kann dies hier tun – auf den Link klicken!). Ich habe Purja einige Fragen geschickt. Hier sind seine Antworten.
Nims, du hast in Nepal
in diesem Frühjahr auf sechs Achttausendern gestanden und lagst damit mit
deinem Projekt „Mission Possible“ voll im Zeitplan. Am meisten kämpfen musstest
du am Dhaulagiri. Wieviel Risiko musstest du gehen?
Peu a peu treffen die Expeditionsteams im Norden Pakistans ein, die sich in diesem Sommer an den Bergriesen des Landes versuchen wollen. Laut US-Bergblogger Alan Arnette hat die Regierung in Islamabad bislang knapp 400 Permits ausgestellt, alleine 164 für die pakistanische Südseite des K 2, des zweithöchsten Bergs der Erde. Zum Vergleich: Die chinesischen Behörden vergaben in der vergangenen Frühjahrssaison für die Nordseite des Mount Everest 142 Permits.
Ein K2-Permit für ein fünfköpfiges Expeditionsteam kostet 12.000 Dollar, also 2400 Dollar pro Person. Für jeden weiteren Bergsteiger werden 3000 Dollar fällig. Im Vergleich zum Everest ist das fast ein Schnäppchen: Sowohl auf der nepalesischen Südseite als auch auf der tibetischen Nordseite zahlt man 11.000 Dollar pro Nase, in Tibet ist darin eine Müllsammelgebühr von 1500 Dollar enthalten.
Es gibt so gut wie keine Hoffnung mehr, die seit Tagen im indischen Himalaya vermissten acht Bergsteiger noch lebend zu finden. Die indischen Behörden teilten mit, von einem Rettungshubschrauber aus seien auf einer Höhe von über 5000 Metern fünf Leichen entdeckt worden. Die Körper seien in einem Bereich gesichtet worden, in dem eine, wie es hieß, „riesige Lawine“ abgegangen sei. Man gehe davon aus, dass es sich um fünf der Vermissten handele und dass auch die übrigen drei Bergsteiger in der Gegend ums Leben gekommen seien.
Die Everest-Saison neigt sich dem Ende zu. Die meisten Teams auf der nepalesischen Süd- und der tibetischen Nordseite haben bereits ihre Zelte abgebrochen und die Heimreise angetreten. Gestern erreichte noch eine 14-köpfige Gruppe des US-Veranstalters „Climbing the Seven Summits“ den höchsten Punkt auf 8850 Metern, „ohne Menschenmengen“ und bei guten Kletterbedingungen, wie der Veranstalter auf seiner Homepage verkündete. Das Warten hatte sich gelohnt. Dann jedoch musste auch dieser Veranstalter eine traurige Nachricht weitergeben. Ein 62 Jahre alter US-Amerikaner starb nach dem Abstieg vom Gipfel in seinem Zelt am Südsattel. Es war bereits der elfte Todesfall der Saison am Everest, der 21. an allen Achttausendern. Die Zahl der Everest-Gipfelerfolge dürfte in diesem Jahr erneut weit über 700 liegen. 2018 waren 802 Besteigungen registriert worden.
„Ich habe es nicht bis zum Gipfel des Everest geschafft, aber ich hatte trotzdem einen ganz speziellen Tag“, schreibt David Göttler nach seinem gescheiterten Gipfelversuch ohne Flaschensauerstoff auf Facebook. Der 40 Jahre alte deutsche Profibergsteiger kehrte am Donnerstag auf einer Höhe von 8650 Metern um. Noch am selben Tag stieg er nach Lager 2 auf 6600 Metern ab, heute dann ins Basislager.
„Keine Option zu warten“
Er sei, so informiert mich David, um 2.30 Uhr Ortszeit vom Südsattel aufgebrochen, also relativ spät – einerseits, um dem Gros der Gipfelanwärter aus dem Weg zu gehen, andererseits, um die Wärme des Sonnenlichts zu nutzen. Wer auf Flaschensauerstoff verzichtet, muss schnell unterwegs sein, da der Körper deutlich schneller auskühlt. Seine Taktik sei „bis knapp unter dem Südgipfel“ aufgegangen, schreibt David: „Dort machte dann das Wetter zu, und ich lief in all die Leute hinein, die runterkamen.“ Deshalb habe er entschieden umzudrehen. „Da oben ist es keine Option zu warten und Energie zu verschwenden, wenn du ohne zusätzlichen Sauerstoff unterwegs bist.“
Am Mount Everest sind die ersten beiden Toten der Frühjahrssaison zu beklagen. Am Südsattel auf 7900 Metern wurde heute ein indischer Bergsteiger tot in seinem Zelt aufgefunden, allem Anschein nach starb er in der Nacht an der Höhenkrankheit. Er hatte am Donnerstag den Gipfel auf 8850 Meter erreicht. Derweil wurde die Suche nach einem 39 Jahre alten Iren eingestellt, der seit gestern vermisst wird. Beim Abstieg vom höchsten Punkt war er auf eine Höhe von etwa 8300 Metern ausgerutscht und abgestürzt. Es gibt keine Hoffnung mehr, ihn lebend zu finden. Der Wind im Gipfelbereich hat aufgefrischt und macht eine weitere Suche vorerst unmöglich.
Während des ersten Schönwetterfensters der Saison erreichten mehr als 100 Bergsteiger den Gipfel des Everest, allesamt mit Flaschensauerstoff. Im vergangenen Jahr war laut der Bergsteigerchronik „Himalayan Database“ unter 802 Bergsteigern, die auf dem Dach der Welt standen, nur einer, der ohne Atemmaske erfolgreich war: der 32 Jahre alte Sonam Finju Sherpa.
Auch in diesem Frühjahr verzichten nur sehr, sehr wenige Kletterer auf Flaschensauerstoff. Einer von ihnen ist – wie berichtet – der deutsche Profibergsteiger David Göttler. Der 40-Jährige hat seine Akklimatisierung abgeschlossen und wartet jetzt im Basislager auf einen günstigen Zeitpunkt für seinen Gipfelversuch ohne Atemmaske.
David, es kursieren
Luftbilder vom Everest-Basislager. Das sieht nicht mehr wie ein Lager aus,
sondern wie eine Zeltstadt. Wie lebt es sich dort?
Noch steht das Wetterfenster am Mount Everest ein wenig offen, ab Freitag wird jedoch wieder stärkerer Wind erwartet. Weitere rund 30 Bergsteiger nutzten heute die Chance und erreichten den höchsten Punkt der Erde auf 8850 Metern. Unter ihnen war der 45 Jahre alte Brite Kenton Cool, der bereits zum 14. Mal den Mount Everest bestieg. Ein ganzer Kontinent feiert Saray Khumalo. Die 47 Jahre alte Südafrikanerin stand heute als erste schwarze Frau Afrikas auf dem Dach der Welt. Die Geschäftsfrau, die in Johannesburg für einen großen Finanzdienstleister arbeitet, besteigt erst seit sieben Jahre Berge.
Ein Hoch auf die Sherpas! Die Teams, die für die Verlegung der Fixseile zuständig sind, haben ganze Arbeit geleistet. Gleich an vier Achttausendern erreichten sie heute als jeweils erste Bergsteiger der Saison die Gipfel: am Mount Everest, Kangchendzönga, Lhotse und Makalu. Am höchsten aller Berge betraten Siddhi Bahadur Tamang, Pasdawa Sherpa, Dorji Gyaljen Sherpa, Pasang Dawa Sherpa, Ang Phurba Sherpa, Dawa Nurbu Sherpa, Ming Dorchi Sherpa und Sangbu Bhote von der nepalesischen Südseite aufsteigend den höchsten Punkt auf 8850 Metern. Das achtköpfige Team des Veranstalters „Himalayan Guides“ hat damit den Weg bereitet für die zahlreichen Kunden der kommerziellen Teams. Insgesamt hat die nepalesische Regierung für dieses Frühjahr 378 Everest-Permits ausgestellt.